Thesaurus: Schatz.
Im römischen Recht wurden Geld und Wertgegenstände als thesaurus bezeichnet, die derart lange zurückgelegt und vergessen worden waren, dass sie keinen Eigentümer mehr aufwiesen1 Digesten 41, 1, 31, 1.. Ab dem 2. Jahrhundert wurde durch Kaiser Hadrian für Funde solcher Schätze festgelegt, dass sie je zur Hälfte dem jeweiligen Finder und dem Grundstückseigentümer zugesprochen werden sollten2 Institutiones 2, 1, 39; für die Zeit Kaiser Zenos, vgl. Codex Theodosianus X,15,1,4.. Alternative Regelungen sahen für den Finder einen Anteil von drei Vierteln des Schatzes vor3 Eine solche Regelung sah beispielsweise Kaiser Valentinian (Codex Theodosianus X,18,2) vor. Sie fand Eingang in das Breviarium Alarici X,10,1.. Im spätantiken und frühmittelalterlichen Sprachgebrauch existierte eine Vielzahl weiterer Verwendungskontexte des Begriffs thesaurus4 Vgl. A. Guerreau-Jalabert/B. Bon, Trésor au Moyen Âge, 11-32.. In merowingischen und karolingischen Quellen erscheint der thesaurus etwa als Schatz des Königs, der sich aus Gold und Silber, Edelsteinen, kostbaren Gewändern oder Waffen zusammensetzt5 Gregor von Tours, Historiarum libri X V, 34; VI, 28; X, 21. Zu Königsschätzen, vgl. M. Hardt, Gold und Herrschaft; P. Stafford, Queens and Treasure, S. 62-63.; mit der Aneignung der Herrschaft ging oft die des Königsschatzes einher6 Gregor von Tours, Historiarum libri X II, 40, IV, 2 und VII, 4.. Im kirchlichen Kontext diente der Begriff thesaurus auch zur Bezeichnung des Kirchenschatzes, zu dem auch Reliquien, Paramente und liturgische Geräte zählten7 Vgl. H. Röckelein, Schätze in Altären, S. 179.. Doch der Begriff thesaurus konnte auch auf immaterielle Schätze verweisen: Im christlichen Kontext bezieht sich der Terminus in Anlehnung an Mt 6, 198 Ähnlich auch Mt 19, 21. häufig auf den Schatz im Himmel9 Vgl. E. Magnani, Trésor dans le ciel, S. 51-68., den die Gläubigen über einen Tausch vergänglicher irdischer gegen ewige himmlische Güter erwerben konnten, der beispielsweise in Form eines Gebens von Almosen oder der Durchführung von Schenkungen an Kirchen für das Seelenheil erfolgte10 Vgl. beispielsweise Johannes Chrysostomus, Homiliae in Genesim 31, 1; Johannes Chrysostomus, Homiliae in Romanos 7, 9; Johannes Chrysostomus, Homiliae in Matthaeum 85,4; Augustinus, Sermo 38, 5, 239 und Sermo 177, 10; Caesarius von Arles, Sermo 158, 6; Leo der Große, Sermo 4, 150 und 17, 181; Gregor der Große, Homiliae in Evangelia V, zu Mt 4, 18-22; Hilarius von Poitiers, Commentarius in Matthaeum 19, 6, 1206.. Diese auch in frühmittelalterlichen Urkunden und formulae für Schenkungen rezipierte Vorstellung des himmlischen Schatzes11 Vgl. beispielsweise Marculf II,1; Trad. Freising Nr. 1, 12, 39, 106, 107, 214, 344, 485, 493, 522, 588, 614, 634, 700; Trad. Mondsee Nr. 8, 34, 46; Trad. Schäftlarn Nr. 9, 10. bildete auch die Grundlage für die Legitimierung der Akkumulation kirchlicher Reichtümer12 Vgl. L. Burkart, Blut der Märtyrer, S. 44-59..
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