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Tractoria (deu)

Tractoria: Berechtigungsschreiben zur Nutzung öffentlicher Mittel auf Reisen (Traktierbrief).

In der Kaiserzeit berechtigten zunächst als diplomata bezeichnete Traktierbriefe ihre Träger zur Nutzung des öffentlichen Transportwesens (cursus publicus^{1 Zum antiken cursus publicus vgl. den Überblick von A. Kolb, Transport and communication, S. 95-98.}. Im 4. Jahrhundert etablierten sich für diese Berechtigungsscheine die Bezeichnungen evectio und, synonym dazu, tractoria^{2 Neben dem Berechtigungsschreiben findet sich tractoria auch als Bezeichnung für die Einladung zu Bischofsversammlungen. Vgl. A. J. Stoclet, Immunes, S. 55f.; A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer, S. 110.}. Zunächst ausschließlich durch den Kaiser ausgestellt und mit dessen Namen, Siegel und Unterschrift versehen, hielten diese Briefe den Namen des Berechtigten fest, seine Reiseroute, die Reisedauer sowie die Berechtigung sich in den Stationen des cursus publicus (mutationes oder mansiones) mit genau bestimmten Tieren, Wagen und Futtermitteln zu versorgen^{3 Vgl. zum antiken Traktierbrief A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer, insb. S. 109-122. Entgegen der Ansicht der älteren Forschung, die tractoria habe sich von der evectio dadurch unterschieden, dass in ihr auch die Berechtigung zur Unterkunftnahme und Nahrungsmittelversorgung enthalten gewesen sei (vgl. etwa F.-L. Ganshof, La tractoria, S. 71), scheinen evectio und tractoria vollkommen synonym verwendet worden zu sein. Unterkunft und Versorgung standen jedem öffentlichen Amtsträger auf Reisen auch ohne ausdrückliche Erwähnung zu. Nach L. Lemcke, Evectiones, unterschieden sich evectio und tractoria hinsichtlich der zur Verfügung stehenden Transportmittel.}. Im Frankenreich entwickelte sich die tractoria zu einem allgemein gehaltenen, an alle Amtsträger adressierten Dokument in Urkundenform, welches dem Träger auf genau umrissene Weise Recht auf Transport und Unterhalt gewährte^{4 Vgl. dazu F.-L. Ganshof, La tractoria, S. 82; P. Classen, Kaiserreskript, S. 49-52 und 145-147. Aus merowingischer Zeit sind lediglich zwei tractoriae erhalten: Marculf I,11 und DMerov 171.}. Darüber hinaus finden sich nun auch als tractoriae bezeichnete zollbefreiende Geleitbriefe^{5 Vgl. dazu F.-L. Ganshof, La tractoria, S. 87f. mit Verweis auf DKdGr 88 (=ChLA 621) und DDLF 40, 41 sowie P. Classen, Kaiserreskript, S. 147f. und A. J. Stoclet, Immunes, S. 55-65. Tractoriae als Berechtigungsschreiben finden sich in Formulae Imperiales 7 sowie einer Reihe von Kapitularien. F.-L. Ganshof, La tractoria, S. 88-90.}. Mitte des 9. Jahrhunderts scheinen die tractoriae außer Gebrauch gekommen zu sein^{6 F.-L. Ganshof, La tractoria, S. 90f.}.