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Vicarius (deu)

Vicarius: Vikar; wörtl. Stellvertreter.

In römischer Zeit wurden Amtsträger in stellvertretender Position häufig als vicarii bezeichnet. In merowingischer Zeit finden sich vicarii als öffentliche Amtsträger, zunächst den tribuni, später den comites untergeordnet. Die frühesten Auftritte in den fränkischen Quellen zeigen die vicarii als untergeordnete militärische Anführer, bevor sich noch im 6. Jahrhundert ihr Tätigkeitsfeld in die Bereiche der Rechtsprechung und Spurfolge verschob. Mit dem 8. Jahrhundert erscheint der vicarius als vom Grafen eingesetzter Amtsträger, der in seinem Bezirk, der vicaria, für die niedere Gerichtsbarkeit und Sicherheit zuständig war. Der vor allem im Süden des Reiches verbreitete vicarius erscheint damit in quasi-identischer Rolle zum im Norden und Osten vorherrschenden centenarius, den er im Laufe des 9. Jahrhunderts auch dort ersetzte. Mit dem 10. Jahrhundert scheinen sich die Kompetenzen des vicarius hin zur Verantwortlichkeit für die volle Gerichtsbarkeit, eingeschlossen des Rechtes, Verbannungen auszusprechen, erweitert zu haben. Parallel dazu entwickelte sich vicaria zur Bezeichnung für die allgemeine Gerichtsbarkeit sowie die aus dieser zu erhaltenden Einkünfte.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Vicarius", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2023-10-10), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.vicarius.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-07-06)