Privatus: Privat, Privatmann.
In römischer Zeit bildete privatus den Gegenbegriff zu publicus, dem politisch Gemeinsamen, dem Staatswesen. Privatus bezeichnete mithin die alleine lebende oder im eigenen Namen sprechende Person. Die Scheidung nach öffentlich und privat war dabei eine Frage der Perspektive: So war etwa das Imperium, verkörpert durch den Kaiser, öffentlich, und alle ihm zugehörigen Untereinheiten wie Provinzen oder civitates privat. Aus Perspektive der civitas wiederum war diese für ihre Bürger öffentlich, die Bürger selbst aber Privatpersonen. Auf Personen bezogen wiederum war das Innehaben eines Amtes die Trennscheide zwischen dem Öffentlichen und Privaten, eine Einschätzung, die sich auch noch bei Isidor († 636) findet1 P. v. Moos, Öffentlich und privat, S. 15-17; Isidor, Etymologiae IX,4,30: Privati sunt extranei ab officiis publicis. Vgl. auch Ulpian, Digesten I,1,1,2: Ius publicum est quod ad statum rei Romanae spectat, privatum quod ad singulorum utilitatem.. Damit einhergehend besaß privatus auch eine soziale Konnotation, die den so Bezeichneten als gewöhnlichen, nur einen niedrigen Status innehabenden Menschen kennzeichnete2 P. v. Moos, Öffentlich und privat, S. 21-23; R. Köhn, Dimensionen und Funktionen, S. 345.. Diese Bedeutungen von privatus wirkten auch im frühen Mittelalter fort. Als privatus galt der Mensch, der kein Amt innehatte, sich nicht im Namen der Allgemeinheit äußerte und nicht an öffentlichen Angelegenheiten beteiligt war3 P. v. Moos, Öffentlich und privat, S. 21-23; M. Innes, State and Society, S. 257.. Diese Trennung blieb jedoch abhängig von der Perspektive, wenn etwa Notker der Stammler († 912) alle Personen, die nicht Könige waren, zu Privatpersonen erklärte4 Notker der Stammler, Gesta Karoli Magni II,10..
HL