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Tuitio (deu)

Tuitio: Schutz, Verteidigung

In römischer Zeit zunächst noch ganz allgemein im Sinne von Schutz oder Verteidigung gebraucht, erhielt tuitio erstmals Ende des 4. Jahrhunderts im Sinne eines zunächst auf Kleriker bezogenen besonderen rechtlichen Schutzes eine verengte Bedeutung. Im Laufe des 6. Jahrhunderts findet sich tuitio sodann im kirchlichen Gebrauch zur Bezeichnung des durch die Bischöfe im Rahmen des kirchlichen und weltlichen Rechtes zu leistenden Schutzes für die Bevölkerung. Die ostgotische Kanzlei dagegen gebrauchte tuitio erstmals als Bezeichnung für ein spezielles königliches Privileg, mit welchem der Träger besonderen Rechtsschutz erhielt. In fränkischer Zeit wurde tuitio, zunächst noch unterschieden von mundeburdio und defensio, zur Bezeichnung des Königsschutzes. Dieser Schutz leitete sich aus der Konkretisierung des fränkischen Verständnisses von Königtum ab, nach welchem dem König und seinen Amtsträgern der besondere Schutz der minus potentes, insbesondere also der Kirchen, Witwen und Waisen, oblag. In seiner konkreten Form war der Königsschutz ein Privileg für Einzelpersonen (belegt sind Kleriker, Juden und Kaufleute) sowie Institutionen (Klöster). Der König trat darin als Garant der libertas der Geschützten auf, womit Angriffe auf diese als Angriffe auf den König selbst galten. Konkret waren mit dem Königsschutz höhere Wergelder für die Geschützten, besonderer Rechtsschutz mit Klageführung vor dem Königsgericht sowie oft auch die Garantie des Eigentums verbunden. Die fränkischen Schutzprivilegien gaben dabei detaillierte Beschreibungen der Rechte des Empfängers. In ottonischer Zeit entwickelten sich diese dann zu Generalprivilegien, die nicht mehr nur einzelnen Personen oder Gemeinschaften gewährt wurden, sondern auf ganze Gemeinschaften (etwa Kaufmannschaften oder jüdische Gemeinden) bezogen wurden.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Tuitio", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2022-08-25), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.tuitio.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-04-27)