Paraveredus: zur Erfüllung von (Transport-)Diensten zu stellendes Pferd. Der Begriff paraveredus bezeichnet das Tier in seinem Rechtscharakter als Bedarfsdienstpferd1 Vgl. W. Schneider, ‚Rechtstiere‘, S. 50; Mit diesem Ausdruck versucht Schneider eine Umschreibung der Begriffe paraveredus und veredus (s.u.), die nicht das Pferd an sich, sondern das Tier in seiner rechtlichen Funktion bezeichnen. Für paraverdus lassen sich verschiedene, kontextabhängige Übersetzungen finden. So bei K. E. Georges „Neben-“ oder „Extrapostpferd“ (DNG II, Sp. 1473); Bei H. Dannenbauer, Paraveredus, S. 55 auch „Postnebenpferd“. A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer, S. 67, widerspricht allerdings der Verwendung des Begriffes Post für den cursus publicus. Weitere kontextgebundene Übertragungen sind bspw. „Vorspannpferd“ (U. Nonn, Quellen zur Alltagsgeschichte II, S. 28f; hier in der Form parafredum) oder „Beipferd“ (A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer, S. 114, übersetzt so auf Grundlage der leges novellae (Codex Theodosianus, Maior., Nov. 7,13)).. Zusammengesetzt aus der griechischen Präposition para und lateinisch veredus für ein leichtes Kurier- oder Jagdpferd (aus dem Gallischen *voredos für Pferd2 DNG II, Sp. 3422.. Vorläufer des deutschen Begriffes Pferd3 H. Dannenbauer, Paraveredus, S. 55; W. Schneider, Animal Laborans, S. 573. sowie des französischen palefroi4 TLF 12, S. 811f.; online einsehbar unter https://www.cnrtl.fr/definition/palefroi, letzter Zugriff: 24.06.2020., das wiederum als palfrey ins Englische übernommen wurde5 OED, S. 1267; online einsehbar unter https://www.oed.com/view/Entry/136309, letzter Zugriff: 24.06.2020..
In der römischen Institution des cursus publicus waren Tiere für den öffentlichen Güter- und Personentransport sowie Nachrichtentransfer von der Bevölkerung zu stellen6 A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer, S. 53-56.. Paraveredi wurden – im Gegensatz zu den veredi – nicht ständig zur Verfügung gestellt, sondern lediglich bei Bedarf zu Transportdiensten abseits der Hauptstraßen eingesetzt7 H. Dannenbauer, Paraveredus, S. 55; A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer, S. 132; W. Schneider, Animal Laborans, S. 563f.; W. Schneider, ‚Rechtstiere‘, S. 50.. Waren ursprünglich die Gemeinden zur Aufrechterhaltung dieses Systems verpflichtet, wurden im Verlauf der Spätantike zunehmend begüterte Privatpersonen für die damit verbundenen Aufgaben herangezogen8 A. Kolb, Transport und Nachrichtentransfer, S. 129.. In fränkischer Zeit bestand diese Infrastruktur fort9 Vgl. S. Esders, Öffentliche Abgaben, S. 195f. und wurde in karolingischer Zeit auch auf die neuerworbenen sächsischen Gebiete ausgedehnt10 W. Schneider, Animal Laborans, S. 573; W. Schneider, ‚Rechtstiere‘, S. 59.. Das Stellen von paraveredi lastete nun (wohl vermögensabhängig) auf Freien und wurde häufig in Verbindung mit dem Kriegsdienst genannt11 S. Esders, Öffentliche Abgaben, S. 196; W. Schneider, Animal Laborans, S. 575f.; W. Schneider, ‚Rechtstiere‘, S. 53f.. Zugleich scheinen sich auch verschiedene Formen des Dienstes im Kontext der Grundherrschaft entwickelt zu haben, bei denen die Verpflichtungen auch Unfreien auferlegt oder zwischen diesen aufgeteilt wurden12 L. Kuchenbuch, Bäuerliche Gesellschaft, S. 144f.; S. Esders, Öffentliche Abgaben, S. 198-202. Nicht immer lässt sich klar erkennen, für wen genau die Dienste ausgeführt wurden (vgl. S. Esders, Öffentliche Abgaben, S. 199)..
Die Begriffe paraveredus und veredus wurden im Laufe der Zeit immer weniger trennscharf verwendet. In fränkischer Zeit trat paraveredus bereits deutlich häufiger auf und setzte sich schließlich durch13 H. Dannenbauer, Paraveredus, S. 55f.; W. Schneider, ‚Rechtstiere‘, S. 50; H. Dannenbauer, Paraveredus, S. 56, begründet diese Entwicklung damit, dass das Wort paraveredus wohl als klangvoller empfunden worden sei. W. Schneider, ‚Rechtstiere‘, S. 50, hingegen argumentiert, der Begriff paraveredus habe sich gegenüber veredus durchgesetzt, weil der Verkehr auf den ‚Hauptstraßen‘ in fränkischer Zeit immer mehr zu Bedarfsverkehr umgeformt wurde.
MR