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Iustitia (deu)

Iustitia: Gerechtigkeit, Rechtspflege, Gerichtsbarkeit.

Iustitia galt seit der Antike neben prudentia/sapientia (Weisheit), fortitudo (Tapferkeit) und temperantia (Selbstbeherrschung, Mäßigung) als eine der vier Kardinaltugenden, die mit den Kirchenvätern auch Teil des christlichen Wertekanons und zentraler Bestandteil des gottgefälligen Lebens wurden. Nach römischem Verständnis wurde iustitia dann erreicht, wenn jede Person das ihr nach dem Gebot der Billigkeit zukommende erhielt. Cicero machte die iustitia zum Staatsziel, das durch die Gemeinschaft der Bürger anzustreben war. Aufbauend auf dem römisch-ciceronischen Verständnis rückte Augustinus das Verhältnis des Menschen zu Gott ins Zentrum: Wahre iustitia war nach ihm nur durch den Glauben an Gott zu erlangen. Iustitia bedeutete damit auch die Einordnung des Menschen in die gottgegebenen Verhältnisse. Das augustinische Verständnis wurde auch prägend für das frühe Mittelalter. Für die fränkischen Herrscher wurde die iustitia neben der pietas und der misericordia zur zentralen Tugend. Sie hatten sich in ihr zu üben, damit das Volk in Frieden leben und Gott dienen konnte. Einen Wandel erfuhr das Verständnis von iustitia dagegen im 9. Jahrhundert. Verengt von der philosophischen auf die rechtspraktische Bedeutung bezeichnete iustitia nun die Rechtspflege oder die Gerichtsbarkeit.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Iustitia", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2022-10-14), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.iustitia.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-12-03)