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Ministerialis (deu)

Ministerialis: Dienstmann.

In der Spätantike bezeichnete ministeriales eine besondere Gruppe von wohl zumeist unfreien Bediensteten der kaiserlichen familia rustica, die in einer eigenen Genossenschaft zusammengeschlossen und insbesondere für die Tafel und die Versorgung des Hofes zuständig war und entsprechend großen Anteil an der kaiserlichen Domänenverwaltung hatte^{1 W. Ensslin, Ministeriales; K. Bosl, Vorstufen, S. 200-203. Ensslin geht für die kaiserlichen ministeriales vor allem von Freien aus, Bosl dagegen von Unfreien. Zusammenfassend zur frühen Entwicklung auch T. Zotz, Die Formierung, S. 6f.}. In merowingischer Zeit finden sich, in Kontinuität zur römischen Zeit, in der Regel unfreie ministeriales, die als Träger eines ministerium zunächst insbesondere im Dienst in Haus und am Hof leisteten. Von diesen ausgehend entwickelte sich ministerialis zur Bezeichnung für Amtsträger aller Art unterhalb der Ebene der Grafen (ähnlich wie agens oder actor), die unabhängig vom tatsächlichen Stand des so bezeichneten verwendet werden konnte^{2 K. Bosl, Vorstufen, S. 208f. Zur personenbezogenen Bedeutung von ministerium vgl. J. Fried, Der karolingische Herrschaftsverband, S. 30-33. Ein ministerium war eine Aufgabe, ein Dienst, der einer Person von einer anderen Person übertragen wurde und dieser im Gegenzug geschuldet wurde.}. In der frühen Karolingerzeit finden sich entsprechend als ministerialis bezeichnete Personen jedweden Standes, die insbesondere Hofämter aller Art ausfüllen konnten, aber auch Grafen oder iudices zuarbeiten konnten^{3 Vgl. Capitulare de villis, c. 10 (Ut maiores nostri nostri et forestarii, poledrarii, cellerarii, decani, telonarii vel ceteri ministeriales rega faciant et sogales donent de mansis eorum, pro manopera vero eorum ministeria bene praevideant.) und 47 (Ut venatores nostri et falconarii vel reliqui ministeriales, qui nobis in palatio adsidue deserviunt, consilium in villis nostris habeant…); Hinkmar, De ordine palatii, Z. 178f. (Tales etiam comites et sub se iudices constituere debet, qui avaritiam oderint et iustitiam diligant et sub hac conditione suam administrationem peragant et sub se huiusmodi ministeriales substituant.), 279f. (Et quamvis sub ipsis aut ex latere eorum alii ministeriales fuissent, ut ostiarius, sacellarius, dispensator, scapoardus…) und 373f. (Ad tres autem ministeriales, senescalcum, buticularium et comitem stabuli…). K. Bosl, Vorstufen, S. 289-291. In Rätien finden sich ministeriales auch als Stellvertreter des Bischofs.}. In der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts scheint sich die Bedeutung von ministerialis zumindest im Ostfränkischen Reich wieder verengt zu haben. Hier finden sich ministerialis nun als Bezeichnung für Grafen, Bischöfe und weitere Personen, die sich offenbar durch große Königsnähe auszeichnen^{4 DDKIII 38 und 86: DDA 19, 73, 153 und 158, insbesondere aber DDA 76 (Engilmarus dilectus episcopus et ministerialis noster), 79 (comes honorabilis et dilectus ministerialis nomine Yringus), 84 (per interventum Chuonradi comitis ministerialisque nostri) und 172 (intercedentibus … Isangrimo illustri comite ministerialique nostro); K. Bosl, Vorstufen, S. 291-294. Bosl geht für den ostfränkischen Bereich nun von einem terminus technicus aus.}. Im Anschluss bis zur Wende zum 11. Jahrhundert erscheinen ministeriales vor allem als dem Vogt nachgeordnete Amtsträger^{5 T. Zotz, Die Formierung, S. 14.}, bevor sich seit Mitte des 11. Jahrhunderts im Reich^{6 In Frankreich dagegen besteht die Verwendung von ministerialis als Amtsbezeichnung zumeist für niedere Amtsträger fort. Vgl. J. B. Freed, The origins of the European nobility, S. 215.} ein neuer gehobener und bald erblicher Dienstmannenstand (Ministerialen) mit eigenen Vorrechten zu entwickeln scheint, für dessen Angehörige zunächst eine große Bandbreite von Begriffen (etwa cliens und minister, insbesondere aber vor allem zunächst servus, dann servitor) verwendet wird, bevor sich mit Beginn des 12. Jahrhunderts die Bezeichnung ministeriales für diese etabliert^{7 Zusammenfassend T. Zotz, Die Formierung, S. 21f. Die frühesten Zeugnisse für die Entstehung dieses neuen Standes bilden das Bamberger Dienstmannenrecht (iusticia ministerialium Babenbergenesium) von 1061/1062 und DHIV 88. Das neue Verständnis von ministerialis nicht mehr als Amts-, sondern als Standesbezeichnung scheint, möglicherweise unter italienischem Einfluss, von Bamberg ausgegangen zu sein. T. Zotz, Die Formierung, S. 18-20. Zur umfangreichen Forschungsgeschichte um die Entstehung der Ministerialität vgl. auch W. Hechberger, Adel im fränkisch-deutschen Mittelalter, S. 369-383. Für die ältere Forschung vgl. zudem J. B. Freed, The origins of the European nobility. Für eine Kontinuität in der Entwicklung der ministeriales vgl. P. Neumeister, Beobachtungen.}.