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Abbas, abbatissa (deu)

Abbas, abbatissa: Abt, Äbtissin. Aus dem aramäischen abba für Vater, Mönch.

Vermutlich bereits in apostolischer Zeit für hervorragende Mitglieder der christlichen Gemeinde gebraucht, wurde abbas im ägyptischen Mönchtum im 4. Jahrhundert zur Bezeichnung für jene Mönche, die Dank ihrer Lebenserfahrung und Tugend als spirituelle Vorbilder und Lehrer dienen konnten. Ohne diese alte Bedeutung vollends zu verlieren, verbreitete sich abbas seit dem 5. Jahrhundert im lateinischen Westen im Rahmen der Organisation des monastischen Lebens als Amtsbezeichnung. Abbates finden sich dabei nicht nur als Klostervorsteher, sondern auch als Stellvertreter von Bischöfen, Leiter von Basiliken mit Märtyrergräbern nebst den dazu gehörenden Klerikergemeinden und auch anderen Kirchen. Maßgeblich für die Entwicklung des Klosterabbatiats wurde die Mönchsregel Benedikts von Nursia († 547). Aufbauend auf früheren Regeln erscheint der Abt bei ihm als Stellvertreter Christi und Vater der Mönche, über welche er nahezu ohne Einschränkungen und Vorbehalt Gewalt ausübt. Scheint der Abt vor Benedikt häufig selbst seinen Nachfolger designiert zu haben, legte die Benediktsregel die (ebenfalls bereits bekannte) Wahl durch die Mönchsgemeinde fest. Zwar finden sich in der Folge wiederholt Bestätigungen des Wahlrechtes, doch wurden zugleich die Rechte der Klostergründer und -eigner wie auch der Bischöfe, den Abt eines Klosters zu ernennen, gestärkt. Von der Merowinger- zur Karolingerzeit wandelt sich die Konzeption von Kloster und Abbatiat. Die Wahrnehmung des materiellen Wertes der Klöster trat verstärkt neben die seiner religiösen Ziele. Äbte wurden nun dem hohen Klerus zugerechnet, entwickelten sich zu eigenen Herrschaftsträgern und fanden sich verstärkt im Umfeld der Könige, die nun auch selbst Äbte einsetzten. Mit diesem Wandel einher ging die Ausweitung der Übernahme von Abbatiaten durch Laien, Kleriker, Kanoniker und Bischöfe und damit die Loslösung des Abtsamtes vom inneren Leben des Klosters. Eine Umkehr dieser Entwicklung begann schließlich mit den Reformbewegungen des 10. Jahrhunderts.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Abbas, abbatissa", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2021-12-09), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.abbatissa.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-11-21)