Caritas: Barmherzigkeit, Nächstenliebe; ursprünglich Liebe, Hochschätzung1 DNG I, „caritas“, Sp. 775..
Caritas bezeichnete in der antiken Verwendung einen Wert oder eine Teuerung, im übertragenen Sinn auch Hochschätzung und Hochachtung sowie, von diesen abgeleitet, Liebe2 A. Müller, Caritas im Neuen Testament, S. 17f. Mit der gleichen, wenn auch zumeist eingeschränkten Bedeutung, finden sich in diesem Sinne auch misericordia, humanitas, benevolentia, amicitia und auch dilectio.. Caritas wurde seit dieser Zeit auch mit Vorstellungen von väterlicher Milde und Güte, gepaart mit nötigenfalls strafender Herrschafts- und Aufsichtsgewalt, verbunden und entwickelte sich in diesem Verständnis zu einem Herrscherideal3 M. Heinzelmann, Bischofsherrschaft in Gallien, S. 161f.. Darüber hinaus konnte caritas auch die emotionale Zuwendung ausdrücken, die Freunde einander schulden und geben und damit zum Synonym für Freundschaft (amicitia) werden4 Isidor, Etymologiae VIII, 2,6; G. Althoff, Caritas, S. 130. In diesem Sinne konnte caritas im frühen Mittelalter auch zur Bezeichnung fränkischer Schwurfreundschaften verwendet werden. Vgl. dazu auch V. Epp, Amicitia, S. 32-34; A. Fiske, Alcuin and mystical friendship, S. 551f.. Im christlichen Kontext wurde caritas zum zentralen Begriff für Liebe, mit dem auch die Liebe zwischen Gott und den Menschen intendiert werden konnte5 A. Müller, Caritas im Neuen Testament, S. 18f. und 46. und der das ideale Verhältnis des christlichen Menschen zu seinen Nächsten beschrieb6 G. Althoff, Caritas, S. 130. Die aus dieser caritas erwachsenden Verpflichtungen wurden wiederum mit Begriffen wie gratia, misericorida, miseratio, pietas, benignitas, clementia, bonitas, propititatio oder mansuetudo beschrieben.. Dieses christliche Verständnis von caritas wurde auch maßgeblich für das frühe Mittelalter, ohne dass dadurch die anderen Bedeutungen verdrängt wurden. Zumeist als zentrales Konzept der (Gottes-)Liebe verstanden, ergab sich aus der daraus abgeleiteten Pflicht zur Fürsorge das Prinzip der Nächstenliebe, das im wohltätigen Handeln seinen wesentlichen Ausdruck fand7 K. Dort, Caritas und Fürsorge, S. 76. Leben im Geist der caritas im Sinne der Liebe zu Gott wurde damit zum eigentlichen Sinn des irdischen Daseins. Vgl. dazu A. Ansari, Selbstzweck und Nutzen, S. 386. und das durch die Verbindung mit pax und concordia das friedliche und einträchtige Zusammenleben ermöglichte8 K. Dort, Caritas und Fürsorge, S. 51..
HL