Formulae - Litterae - Chartae: Leseumgebung

Salutatio (deu)

Salutatio: Gruß, Begrüßung.

Ganz allgemein bezeichnet die salutatio seit klassischer Zeit ein Grüßen oder eine Begrüßung bei einem Besuch^{1 DNG II, „salutatio“ Sp. 4249.}. Im Kontext von (Brief-)Kommunikation in Antike und Frühmittelalter ist dieser Gruß häufig mit dem übersandten Schriftstück und dessen mündlicher Übermittlung gleichzusetzen^{2 Zum Verhältnis von Schriftstück und Performanz desselben durch Boten vgl. V. Scior, Vergegenwärtigung.}.

Eng daran geknüpft ist der Gedanke des sogenannten officium litterarum, eines verpflichtenden gegenseitigen Nachrichtenaustauschs innerhalb einer freundschaftlichen Beziehung^{3 Bereits seit der Antike variieren die Bezeichnungen dieser brieflichen Verpflichtung je nach Autor und Zeit: So ist in der Spätantike häufig vom officium caritatis oder vom officium amicitiae die Rede, vgl. K. Thraede, Grundzüge, S. 127f. Im 5./6. Jh. finden sich Kombinationen wie das officium epistolare, officium pagellare und auch das officium litterarum, vgl. R. Le Jan, Le lien social, S. 540f. Alkuin († 804) spricht dagegen eher vom officium linguae, vgl. W. Edelstein, Eruditio und sapientia, S. 30-36.}. Aus diesem Grund taucht der Begriff der salutatio vorrangig in den Briefquellen des 6./7. Jahrhunderts und in den frühmittelalterlichen Formelsammlungen insbesondere in Verbindung mit entsprechenden Termini (z.B. als iura/munia/officia salutationis bzw. salutationum) auf^{4 Vgl. dazu auch R. Le Jan, Le lien social, S. 540.}. Begründet liegt diese Briefpflicht im besonderen Verständnis von antik-frühmittelalterlicher Freundschaft ( amicitia).

Parallel dazu wird der Begriff der salutatio in der Forschung uneinheitlich als terminus technicus für die Grußformel (oder einen einzelnen Bestandteil davon) von Urkunden und Briefen gebraucht^{5 Vgl. z. B. P. v. Moos, Briefkonventionen; C. D. Lanham, Salutatio Formulas; A. T. Hack, Codex Carolinus, S. 134-137.}. Diese moderne Verwendungsweise ist vom oben aufgeführten zeitgenössischen Verständnis strikt abzugrenzen.