Formulae - Litterae - Chartae: Leseumgebung

Romani (deu)

Romani: Römer, Romanen^{1 H. Fehr, Germanen, S. 34.}.

Mit der Verleihung des römischen Bürgerrechts an alle freien Bewohner des Imperiums im Jahr 212 wurde Romani zur politischen Bezeichnung für ebendiese Bewohner, in Abgrenzung zu den Barbari, den außerhalb der Reichsgrenzen lebenden Völkern^{2 H. Fehr, Germanen, S. 34.}. Die Romani bildeten im antiken Verständnis damit eine Rechts- und Kultur- sowie mit dem Aufstieg des katholischen Christentums zur Reichsreligion auch Glaubensgemeinschaft ohne ethnische Komponente^{3 H. Fehr, Germanen, S. 36. Mit der zunehmenden Bedeutung des katholischen Christentums als Identitätsmarker verschob sich zugleich auch die Bedeutung von Barbarus hin zur Bezeichnung von Heiden.}. Zugleich verlor Romanus mit der Ausdehnung des Bürgerrechts seinen binnendifferenzierenden Charakter, so dass sich Personen innerhalb des Reiches immer weniger als Romani sahen, sondern auf geographische oder ethnische Identifikatoren (etwa Hispanus oder Arvernus) zurückgriffen^{4 R. Mathisen, Roman identity, S. 255-263.}. Mit dem Ende des weströmischen Reiches findet sich die Bezeichnung Romani in den frühmittelalterlichen Rechtstexten für jene Bewohner des ehemaligen Reichsgebiets, die weiterhin nach römischem Recht lebten. Den Status eines Romanus erhielt man , wenn beide Eltern diesen innegehabt hatten, durch bestimmte Arten der Freilassung oder die sogenannte professio iuris – eine Erklärung über die rechtliche Identität, die bei Zweifeln am Stand abgegeben werden konnte^{5 S. Esders, Roman law, S. 327-329. Auch die Romani der merowingischen Zeit waren damit keine ethnisch-kulturell distinkte Abstammungsgemeinschaft, sondern eine politisch wandelbare Gruppierung. H. Fehr, Germanen, S. 173.}. Die konkrete Ausgestaltung des damit einhergehenden Rechtsstandes unterschied sich dabei von Region zu Region. Während Romani im Geltungsgebiet der Lex Salica mit den Halbfreien (Liti) gleichgestellt und damit gegenüber den Franci zurückgesetzt wurden^{6 L. Bothe, From subordination. Dieser Umstand sollte wohl dazu dienen, Integrationsdruck auf die romanische Bevölkerung auszuüben.}, wurde die Beurteilung nach römischem Recht in Verbindung mit anderen Faktoren südlich der Loire zum Identitätsmarker^{7 S. Esders, Roman law, S. 343f.}. Romanus wurde damit um 600 von einer politischen zu einer ethnischen Bezeichnung, die zunehmend nur noch für die Bewohner Aquitaniens gebraucht wurde^{8 R. Mathisen, Roman identity, S. 263-270; H. Fehr, Germanen, S. 35f.; E. Ewig, Volkstum, S. 611-614. Romanus findet sich zugleich auch als Selbstbezeichnung für verschiedene lateinischsprachige Gruppen wie Rätoromanen und Rumänen. Erhalten blieb auch die Bezeichnung der Bewohner der Stadt Rom als Romani.}, bevor sich für diese wohl Mitte des 8. Jahrhunderts der Name Aquitani etablierte^{9 E. Ewig, Volkstum, S. 600f.}.