Formulae - Litterae - Chartae: Leseumgebung

Vicini (deu)

Vicini: Nachbarn.

Der Terminus vicini stammt aus dem römischen Vulgarrecht und wurde aus diesem in die fränkische Rechtssprache übernommen^{1 K. S. Bader, Dorfgenossenschaft, S. 41; R. Schmidt-Wiegand, Vicus, vicinus, Sp. 906. Die Häufigkeit der Erwähnung der vicini in einer Lex korreliert mit ihrer Nähe zum römischen Recht. Ihre Erwähnung ergibt sich aus den Bedürfnissen des Zusammenlebens in kleinen ländlichen Gemeinschaften. Zur Stellung der vicini in den verschiedenen Leges vgl. auch G. v. Olberg-Haverkate, Vicinitas. In der Lex Baiuariorum findet sich für die vicini der Terminus commarcani. Zu diesen vgl. G. v. Olberg, Bezeichnungen, S. 141-161.}. Bei den frühmittelalterlichen vicini (Nachbarn) handelte es sich um eine Gruppe von Personen, deren Zugehörigkeit durch die räumliche Nähe bestimmt war. Die vicini bildeten jedoch keine rechtliche Gemeinschaft, sondern stellten eine offene Gruppe dar^{2 K. S. Bader, Dorfgenossenschaft, S. 42-49. Die vicini scheinen demselben vicus angehört oder zumindest nahe diesem gelebt zu haben. Vgl. R. Schmidt-Wiegand, Vicus, vicinus, Sp. 907.}. Sie treten häufig in Rechtsangelegenheiten in Erscheinung, bei denen sie ob ihrer Kenntnis der lokalen Verhältnisse, als Zeugen für diese vor Gericht oder bei Rechtsgeschäften auftreten^{3 H. Maurer, Grenznachbarn, S. 107-111; K. S. Bader, Dorfgenossenschaft, S. 42-49; Neighbours and strangers, S. 101f.}. Als vicini dienten dabei vor allem Personen, deren Autorität durch ihre Erfahrung und ihr soziales Prestige unterstrichen wurde^{4 H. Maurer, Grenznachbarn, S. 111f.}. In karolingischer Zeit scheinen die nachbarlichen Funktionen und Befugnisse gegenüber der früheren Zeit zugenommen zu haben^{5 R. Schmidt-Wiegand, Vicus, vicinus, Sp. 907.}.