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Consilium (deu)

Consilium: Rat, Beratung. Neben colloquium, placitum, conventus und curia einer der Schlüsselbegriffe für Beratung im frühen Mittelalter.

Beratung (consilium) und Zustimmung (consensus) gewannen in der römischen Gesetzgebung erst im Laufe der Spätantike an Bedeutung. Leiteten die Kaiser ihren Herrschaftsanspruch zuvor alleinig aus dem Recht ab, begann nun eine Öffnung hin zur Legitimierung auch über Moral, Billigkeit und gemeinen Nutzen, in welche nun auch der Konsensgedanke einzufließen begann. In der fränkischen Zeit spielten consilium und consensus im Rahmen der Herrschaftsausübung zunächst keine große Rolle. Beeinflusst von christlichen Normen entwickelten sich bis zum 7. Jahrhundert das Hören auf guten Rat (bonum consilium) und die Herstellung von Konsens mit einem bestimmten Kreis von Personen zunächst zu Fürstentugenden, die im 8. Jahrhundert unter den frühen Karolingern dann zum politischen Programm wurden. Dem Herrscher mit Rat beizustehen wurde nun zu einer Pflicht, aber auch zu einem Recht der Großen, Rat einzuholen zu einer Pflicht des Herrschers. Form und Ablauf der Beratung folgten dabei bestimmten Normvorstellungen, die jedoch den Akteuren im Einzelfall relativ großen Gestaltungsspielraum lassen konnten. Abhängig vom Einzelfall waren dabei auch die Fragen, inwieweit der Herrscher an den Rat der Ratgeber gebunden war und wie stark die Bindung der Ratgeber an die im Rat gefasste Entscheidung war. Seit der zweiten Hälfte des 9. Jahrhunderts konnte sich consilium in diesem Zusammenhang auch mit auxilium (Hilfe) verbinden. Consilium et auxilium wurde damit zur Formel für die Verpflichtung, dem Herrscher (oder allgemein dem Herrn) nicht nur mit Rat, sondern auch mit Diensten zu Hilfe zu kommen. Die Bedeutung, die der Beratung im Verhältnis zwischen Herrscher und Großen zukam, findet sich neben dem weltlichen auch im kirchlichen Bereich. So dienten Konzilien (concilia) der Beratung (consilium). Auch im klösterlichen Bereich, in welchem dem Abt als dominus eigentlich unbedingter Gehorsam durch die Mönche geschuldet wurde, gehörte das Heranziehen von (guten) Ratgebern durch diesen seit dem 9. Jahrhundert zum Wertekanon für einen guten Abbatiat. Die notwendige Zustimmung der Mönche zu Entscheidungen des Abtes entwickelte sich seit dieser Zeit zur rechtlichen Norm, war jedoch zunächst auf das Klostergut betreffende Angelegenheiten beschränkt.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Consilium", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2022-10-14), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.consilium.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-07-06)