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Consanguinitas (deu)

Consanguinitas: Blutsverwandtschaft.

Bei der consanguinitas handelte es sich in römischer wie frühmittelalterlicher Zeit um die Blutsverwandtschaft. Im allgemeinen Gebrauch des frühen Mittelalters drückte consanguinitas genealogische Nähe aus, oftmals mit einer Betonung der männlichen Abstammung. Berechnungen der Verwandtschaftsgrade spielten vor allem in der Inzestgesetzgebung eine bedeutende Rolle. Als Grenzen der Blutsverwandtschaft galten diesbezüglich in römischer wie in fränkischer Zeit der 6., oft auch der 7. Grad. In der römischen Praxis zählte man zur Berechnung der Verwandtschaft zwischen zwei Personen die Grade bis zu einem gemeinsamen Vorfahren hinauf und anschließend wieder herunter. Mit Papst Gregor dem Großen († 604) kam in Kirchenkreisen eine neue Zählweise auf, die sich ausschließlich an den Generationen bis zum gemeinsamen Stammvater orientierte. Diese Zählweise gewann im frühen Mittelalter an Popularität und setze sich im 12. Jahrhundert endgültig im kanonischen Recht durch. (Bluts-)verwandtschaft bewirkte Rechte und Pflichten den Verwandten gegenüber, neben Erbrechten etwa auch das Einstehen für Verwandte bei Schulden oder Vergehen sowie das Gewähren von Schutz oder das Üben von Rache. In der Praxis blieben die durch Verwandtschaft gestifteten sozialen Bande jedoch so brüchig, dass auch consanguinitas nicht zwingend zu gegenseitiger Unterstützung und damit politisch wirksamer Gruppenbildung führte.

Beispiel für einen Stammbaum mit römischer Zählung in einer Handschrift der Etymologiae Isidors von Sevilla: St. Gallen, Stiftsbibliothek, Cod. 231, p. 340 [*] .

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Consanguinitas", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2023-10-10), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.consanguinitas.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-11-21)