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Alligatio (deu)

Alligatio: Eintragung eines Dokuments in die öffentlichen Akten einer Stadt (gesta municipalia). Abgeleitet von alligare/adligare („anbinden, verbinden“).

Die Bezeichnung alligatio für die Eintragung eines Dokuments in die öffentlichen Akten einer Stadt (acta, gesta municipalia, codices publici) erscheint erstmals in verschiedenen um 500 entstandenen Rechtstexten. Ihr Auftreten geht mit der wohl seit Mitte des 5. Jahrhunderts zunehmenden Verbreitung von alligare zur Beschreibung desselben Vorganges einher, bis alligare gegen Ende des 6. Jahrhunderts endgültig zum festen Terminus für die Eintragung von Akten in die gesta municipalia geworden zu sein scheint. Diese Terminologie wurde auch von der bis ins frühe 9. Jahrhundert reichenden fränkischen Praxis übernommen, wobei die in dieser Zeit häufig benutzte Kombination von alligare mit (ad)firmare auf eine Verschiebung der Bedeutung des Eintragungsprozesses hindeutet.

Nach dem Codex Theodosianus sah das römische Recht die Eintragung von Rechtsvorgängen nur für Schenkungen und Hochzeitsgaben ab einer bestimmten Höhe verbindlich vor. Die Eintragung von Testamenten nach ihrer Eröffnung war möglich, wurde aber erst im Laufe des 5. Jahrhunderts verbindlich gemacht, ebenso wie die von Mandaten. Darüber hinaus finden sich in den gesta Eintragungen zu Verträgen, Eigentumstransfers, Freilassungen und Adoptionen sowie Dokumente der Verwaltung und kaiserliche Entscheidungen. Die Eintragung hatte vor einer Gruppe aus drei Kurialen, einem Magistrat sowie einem exceptore publico zu erfolgen. Die Eintragung in die gesta diente dabei der Stärkung der Rechtssicherheit durch die Herstellung von Öffentlichkeit sowie dem Schutz vor Fälschungen. Zugleich erlaubte sie es der römischen Verwaltung, den Wechsel von Eigentumsverhältnissen und damit von Steuerpflichten nachzuvollziehen. Der spätantike Inserierungsprozess begann mit der Bitte einer Person oder ihres Vertreters an eine Versammlung, ein Dokument in die gesta zu inserieren. Nach dem öffentlichen Verlesen des Dokuments durch den Notar wurde dieses geprüft und, falls anwesend, die unterzeichnenden Zeugen befragt oder eine Delegation an den Ausfertiger des Dokuments zu dessen Befragung entsandt. Nach Rückkehr der Delegation wurde die Eintragung des Dokuments in die gesta vollzogen und dem Bittsteller eine Kopie ausgehändigt. Die Aufzeichnungen umfassten dabei nicht nur das Dokument selbst, sondern auch eine protokollartige Aufzeichnung des gesamten Prozedere. In fränkischer Zeit scheinen die Befragungen der Zeugen und des Ausstellers des einzutragenden Dokuments entfallen und der Prüfungsprozess damit verkürzt worden zu sein. Die Bedeutung der allegatio scheint sich damit weg von der Sicherung des Dokuments in einem zentralen Archiv durch die Eintragung in die gesta hin zur Stärkung seiner Rechtsgültigkeit durch die öffentliche Bestätigung des Vorganges verschoben zu haben.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Alligatio", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2023-10-10), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.alligatio.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-12-23)