Anathema: Fluch, Bann. Abgeleitet von gr. ἀνατιθέναι.
Im klassischen und hellenistischen Sprachgebrauch bezeichnet der Terminus anathema ursprünglich geweihte Dinge und davon abgeleitet auch Weihegeschenke und Opfergaben. In der Bibel tritt der Begriff häufig bezogen auf Dinge oder Personen auf, die der Gnade oder dem Zorn Gottes überlassen werden sollen1 Vgl. Mk 14, 71; Gal 1, 8-9; Gal 3, 13; 1 Kor 12, 3; Röm 9, 3.. In erster Linie im Sinne eines Fluches ging der Begriff anathema auch in den kirchlichen Sprachgebrauch der Spätantike und des Frühmittelalters ein, wobei sich der Begriff er sich mit der Zeit ähnlich wie die excommunicatio auch auf den Ausschluss aus der Gemeinschaft der Gläubigen aufgrund eines Verstoßes gegen die kirchliche Ordnung beziehen konnte. Letzteres bedeutete für den Ausgeschlossenen etwa das Verbot des Betretens von Kirchen, der Teilnahme an Gottesdiensten, des Erhalts von Sakramenten und des Kontakts mit Christen. Inhaltlich wurde teilweise zwischen anathema und excommunicatio unterschieden2 Vgl. W. Brandes, Damnatio für die Ewigkeit, S. 265-266; K. Hofmann, Anathema, Sp. 427-430.. So grenzte etwa Papst Johannes VIII. (872 – 882) die excommunicatio insofern vom anathema ab, als das anathema für ihn die vollkommene Scheidung des Gebannten von Christus bedeutete3 MGH Epp. 7, S. 280.. Während die excommunicatio potentiell aufgehoben werden konnte4 MGH Capit. 1 Nr. 14, c. 9., wurde für das anathema zuweilen dessen Ewigkeit und Unauflöslichkeit betont5 MGH Conc. 3, S. 110. Vgl. S. Gioanni, Anathematis vinculo, S. 101-103; J. Péricard, L'excommunication dans le royaume franc, S. 28-29.. Inwiefern derartige inhaltliche Differenzierungen zwischen anathema und excommunicatio verbreitet waren oder ob beide Begriffe auch synonym verwendet wurden, lässt sich nicht eindeutig feststellen. Im Vergleich zur excommunicatio fand der Terminus anathema eine deutlich geringere Verbreitung; so findet sich der Begriff fast ausschließlich in urkundlichen und synodalen Zeugnissen6 Zur Verwendung des Begriffs anathema in mittelalterlichen Urkunden vgl. F. Bougard, Jugement divin..
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