Logo: Universität Hamburg
Logo: Formulae, Litterae, Chartae
Logo: Akademie der Wissenschaften in Hamburg

Pater (deu)

Pater: Vater.

Vaterschaftsbeziehungen in Spätantike und Frühem Mittelalter waren nicht zwingend biologisch begründet. Als Vater (pater) wurde derjenige bezeichnet, der ein Kind ernährte, erzog, schützte und für dieses als rechtlicher Vormund agierte. Eine Aussage über die biologische Vaterschaft war mit der Bezeichnung als pater nicht verbunden –Sollte die biologische Vaterschaft betont werden, konnte der Vater als genitor (Erzeuger) bezeichnet werden. Außerhalb von Vater-Kind-Beziehungen konnte pater auch zur Bezeichnung von Personen gebraucht werden, zu denen bestimmte soziale oder religiöse Bande, geprägt durch ein Verhältnis aus Macht, Autorität, Verehrung und Respekt, bestanden. In römischer Zeit kam dem Vater als Familienoberhaupt die patria potestas zu, die theoretisch unbegrenzte Macht über alle Angehörigen der familia. In der Praxis wurde die patria potestas zunächst durch den mos maiorum, die überkommenen Sitten, und seit den 320er Jahren auch rechtlich derart eingeschränkt, dass das ihr zugrundeliegende Prinzip spätestens im 6. Jahrhundert aus dem römischen Recht verschwand. Dennoch blieb der Vater auch im frühen Mittelalter die bestimmende Figur innerhalb der Familie, wobei seine Gewalt über die Familienmitglieder gegenüber der Spätantike eher zu- als abnahm. Das Verhältnis zwischen Vater und Familienmitgliedern war wechselseitig: Schuldeten die Familienmitglieder dem Vater Gehorsam, Respekt und Zugewandtheit, so kam dem Vater nicht nur die Gewalt über sie zu, sondern er war gleichermaßen dazu verpflichtet, sie in liebevoller Zuneigung zu versorgen, zu erziehen und gegebenenfalls durch Strafe zur Ordnung Gottes zu führen. Dieses Vaterbild bestimmte auch die Verwendung von pater zur Kennzeichnung religiöser und sozialer Vaterschaften. So war Gott als Schöpfer der Vater aller Geschöpfe, zugleich aber auch Vater der in der Taufe wiedergeborenen Christen, über welche er Gewalt ausübte und die er in göttlicher Güte schützte, aber auch züchtigte. Pater war darüber hinaus auch der Bischof (episcopus) für seine Gemeinde, vor allem aber der Abt (abbas, Vater) für die Angehörigen seines Klosters.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Pater", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2023-10-10), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.pater.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-04-27)