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Signaculum (deu)

Signaculum: Zeichen, Abzeichen, Siegel.

Bis zum 3. Jahrhundert stellten Siegel das alleinige Beglaubigungsmittel für Dokumente dar, wobei die Rechtswirksamkeit eines Dokuments in vielen Fällen nicht an die Besiegelung, sondern an seine Eintragung in die öffentlichen Bücher (gesta municipalia) gebunden war. Seit dem 4. Jahrhundert finden sich in zunehmender Zahl auch eigenhändige Namensunterschriften des Ausstellers, der Zeugen und des Schreibers einer Urkunde als Beglaubigungsmittel. Seit dem 5. Jahrhundert kann die eigenhändige Unterschrift auch durch die Unterzeichnung mit einem graphischen Handzeichen (signum, fast ausschließlich in Kreuzform, wobei signare das Anbringen eines Validationszeichens bezeichnete) mit erläuternder Beischrift ersetzt werden. Nach der Merowingerzeit finden sich autographe Unterschriften, im Gegensatz zum eigenhändig gemachten signum, auf Privaturkunden nur äußerst selten.

Die Untersiegelung von Urkunden findet sich nach der Spätantike zunächst fast ausschließlich in Herrscherurkunden und päpstlichen Bullen. Im Bruch mit der durch Bildvielfalt geprägten römischen Tradition bildet das merowingische Königssiegel den Herrscher selbst ab. Dieses war jedoch kein persönliches Beglaubigungsmittel des Herrschers, sondern Amtszeichen der königlichen referendarii, die es zum Abschluss des Beurkundungsvorganges anbrachten und damit ihre eigene Autorisierung durch den König unterstrichen. Diese Praxis änderte sich erst unter Karl dem Großen, mit dem das Siegel zum persönlichen Zeichen des Herrschers wurde, der dieses einzig zur Besiegelung aus der Hand gab. Das auf der Urkunde angebrachte Siegel repräsentierte seine Person und brachte seine Zustimmung zum Rechtsakt sowie seinen Willen, diesen zu schützen, zum Ausdruck. Bis zum 10. Jahrhundert finden sich Besiegelungen in Privaturkunden fast ausschließlich für Bischofsurkunden, Bischofsbriefe und Synodalakten. Die in anderen Privaturkunden im 11. Jahrhundert neu einsetzende Besiegelungspraxis orientierte sich am Vorbild der Herrscher- und Papsturkunden.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Signaculum", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2021-12-09), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.signaculum.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-04-20)