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Vidua (deu)

Vidua: Witwe.

Bis ins 3. Jahrhundert hinein diente vidua zur Bezeichnung jedweder alleine lebenden Frau. Erst in der Folgezeit verengte sich die Begriffsbedeutung von vidua auf die Bedeutung „Witwe“. Bis 800 entstand, ausgehend von den Schriften der Kirchenväter und der kirchlichen Gesetzgebung, die Witwe als eine eigene soziale Kategorie, an die bestimmte Normerwartungen hinsichtlich ihrer Lebensführung (Enthaltsamkeit, Frömmigkeit) gerichtet waren. Diese „wahren Witwen“ standen im Normenmodell der Kirche hinter den Jungfrauen an zweiter Stelle. Problematisch aus kirchlicher Sicht war die Wiederheirat der Witwe, die zwar als legitim angesehen, moralisch jedoch abgelehnt wurde. Römisches Recht und Leges gestatteten die Wiederheirat, sahen jedoch unterschiedliche Trauerfristen vor, innerhalb derer die Wiederheirat verboten war, und räumten verschiedentlich den Verwandten der Witwe ein Mitspracherecht bei der Eheschließung ein. Wichtig aus Sicht der Leges waren vor allem Regelungen zur Übernahme der Munt über die Witwe durch die Verwandten, zur Verfügungsgewalt über ihre dos, sowie ihre Versorgung nach dem Tod ihres Mannes, wobei sich die Schwerpunkte der verschiedenen Leges und die Ausführung der einzelnen Punkte stark unterscheiden. In der Praxis scheint die Witwe vor allem auf ihre Verwandten angewiesen gewesen zu sein, um ihre Rechte zu wahren. Zugleich waren es diese Verwandten, die zu ihrem eigenen Vorteil die Witwe, wie andere unverheiratete Frauen, zur Knüpfung familiärer Bande einsetzen und Ansprüche auf ihr Eigentum erheben konnten.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Vidua", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2022-12-21), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.vidua.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-12-23)