Colonus: Kolone; eingeschränkt freier, selbständig fremdes Land bearbeitender, von dessen Grundherrn abhängiger Bauer.
Der Kolonat entstand in der Spätantike aus einer Reihe gesetzlicher Maßnahmen zur Sicherstellung des Landbaues. Bei den Kolonen handelte es sich ursprünglich um freie Pächter, die jedoch zunehmenden Beschränkungen unterworfen wurden und sich Anfang des 5. Jahrhunderts zu einer eigenen gesellschaftlichen Gruppe entwickelten. Coloni galten zwar rechtlich als Freie, doch waren sie an den von ihnen bewirtschafteten, fremden Boden gebunden und dessen Grundherrn vermögens- und prozessrechtlich unterstellt. Weitere Beschränkungen betrafen das Recht zur Eheschließung. In Verbindung mit Regelungen zur Kindschaftsnachfolge (Kinder von Kolonen erbten deren Rechtsstatus) führte dies zur Bildung eines neuen Geburtsstandes1 O. Schipp, Der weströmische Kolonat, S. 254-263; G. Köbler, Bauer, S. 230f. Zur Entwicklung des Kolonats in der Justinianischen Gesetzgebung vgl. B. Sirks, The colonate in Justinian’s reign.. Dieser Stand bestand im frühen Mittelalter zunächst weitgehend unverändert fort. Einzig die Bodenbindung, bereits in der Spätantike aufgeweicht, wurde durch die Bindung an den Grundherrn ersetzt2 O. Schipp, Der weströmische Kolonat, S. 396-403. So kennt etwa Isidor, Etymologiae IX, 4, 36 die alte Definition der Schollenbindung nicht mehr, sondern bezeichnet den colonus als Bauern, der Felder bewirtschaftet, die nicht sein Eigentum sind. Zu den coloni in den einzelnen Leges vgl. auch G. Köbler, Bauer, S. 233f. . Die coloni nahmen damit eine Zwischenstellung zwischen den Freien und den Unfreien ein: Sie galten als rechts- und geschäftsfähige Freie, die in bestimmtem Maße auch Waffendienst leisten mussten, die zugleich jedoch den Unfreien bezüglich Strafen oftmals gleichgestellt waren und den Grundherren, deren Güter sie auf eigenen Hofstellen selbständig bewirtschafteten, bestimmte Abgaben und Dienste schuldeten3 O. Schipp, Der weströmische Kolonat, S. 399-406; G. Köbler, Bauer, S. 235f.; A. Rio, Half-free, S. 137. . In den karolingischen Kapitularien erscheinen die coloni streng geschieden von den Unfreien und sind oftmals halbfreien Gruppen wie Freigelassenen oder Liten zugeordnet4 O. Schipp, Der weströmische Kolonat, S. 569-578; H.-W. Goetz, Serfdom, S. 38f. G. Köbler, Bauer, S. 235 betont demgegenüber die Abgrenzung von den Freien. Eine rechtliche Gleichsetzung der coloni mit den servi findet sich im ostgotischen Recht. D. Hägermann, Aspekte, S. 67.. Der Kolonat blieb auch im Frühmittelalter vor allem im gallischen Raum und südlich der Donau weit verbreitet. Colonus bezeichnete nun den eingeschränkt freien, selbständig fremdes Land bebauenden und vom Grundherrn abhängigen Bauern. Die konkrete Ausgestaltung der Verpflichtungen des colonus konnte, abhängig von Grundherr und Region, sehr unterschiedlich ausfallen. Sonderstellungen genossen insbesondere Kolonen von Herrscher oder Kirche5 O. Schipp, Der weströmische Kolonat, S. 21 und 401; G. Köbler, Bauer, S. 240f.; D. Hägermann/A. Hedwig, Kolone, Sp. 1271.. Im 10. und 11. Jahrhundert scheint sich die Stellung der Kolonen weitgehend jenen der servi angeglichen zu haben6 D. Hägermann/A. Hedwig, Kolone, Sp. 1272..
HL