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Manumissio, ingenuitas, libertas (deu)

Manumissio, ingenuitas, libertas: Freilassung.

Nach dem spätantiken römischen Recht konnten Freilassungen vor Beamten, per Brief, Testament oder anders mitgeteilter Willenserklärung erfolgen. Seit dem 4. Jahrhundert war darüber hinaus auch die Freilassung in Kirchen zulässig. Entscheidend war in jedem Fall die durch Zeugen gesicherte Öffentlichkeit des Rechtsaktes. Private Freilassungsformen führten dabei nicht zur Erlangung des vollen römischen Bürgerrechts, sondern lediglich zur Latinität ohne die Fähigkeit, Testamente zu errichten oder selbst testamentarisch bedacht zu werden. Freigelassene, die zuvor als Sklaven für bestimmte Vergehen bestraft worden waren, wurden als sogenannte dediticii weiteren Einschränkungen unterworfen. Im frühen Mittelalter finden sich Freilassungen in römischer Tradition neben neuen Formen wie der Aushändigung einer Freilassungsurkunde (manumissio per chartam) oder der Freilassung per Schatzwurf (manumissio per denarium). Wichtig blieb auch bei diesen neuen Formen die Öffentlichkeit der Freilassung. Wie in römischer Zeit erwarb der Freigelassene mit der Freilassung nominell die volle, uneingeschränkte Freiheit. In der Praxis bestand jedoch die Abhängigkeit vom früheren Herrn fort, dem für seinen Schutz (defensio, auch tuitio, mundeburdium oder patrocinium) Gehorsam (obsequium) und oft auch Dienstpflichten (operae libertorum) geschuldet wurden. Besonderer Schutz kam dabei von Seiten der Kirche den von ihr selbst freigelassenen Personen oder von anderen Freilassern ihrer defensio unterstellten Freigelassenen zu. Die in römischer Zeit noch schwächer ausgeprägte Bindung des Freigelassenen an den Herrn wurde seit der Spätantike zunehmend verstärkt und bis zum 7. Jahrhundert zu einer unauflöslichen und erblichen Verpflichtung entwickelt.

HL

Empfohlene Zitierweise:

Lößlein, Horst, "Manumissio, ingenuitas, libertas", in: Formulae-Litterae-Chartae. Neuedition der frühmittelalterlichen Formulae, Hamburg (2022-08-23), [URL: https://werkstatt.formulae.uni-hamburg.de/texts/urn:cts:formulae:elexicon.manumissio.deu001/passage/all] (letzter Aufruf: 2024-04-20)