GESTA1 Die vorliegende Formel wurde aus dem Text vergleichbare Protokolle aus Tours (Tours 3) und der Marculfsammlung (Marculf II,37 und Marculf II,38) mit einem sehr geringen Eigenanteil an neuem Text neu kompiliert. K. Zeumer, Formulae, S. 160f. entschied sich, das nur in der Flavignytradition überlieferte Stück seiner Edition der Tourssammlung als Additamentum 5 beizugeben. In seiner Edition der Sammlung von P3 wird jedoch nur auf die zugrundeliegenden Formeln Tours 3 und Marculf II,37 und Marculf II,38 verwiesen (S. 477) und nicht auf das Additamentum. Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées.
Im soundsovielten Jahr der Herrschaft Königs Soundso, an dem und dem Tag, als in der Stadt Soundso eine Versammlung stattfand, sprach der vir magnificus Soundso als Bevollmächtigter zum anwesenden vir laudabilis, defensor2 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458. Soundso, und der ganzen curia publica3 Die curia bildete in der römischen Antike das kollektive städtische Entscheidungsorgan. Im Laufe der Spätantike wurden ihre Kompetenzen immer weiter eingeschränkt und erstreckten sich schließlich im Wesentlichen auf Steuererhebung und die Protokollierung von Rechtsgeschäften. In fränkischer Zeit wurde die curia zunehmend durch die Notablenversammlung ersetzt, der im Kern dieselben Personenkreise angehörten. Vgl. dazu K. H. Debus, Studien, S. 100f.; S. T. Loseby, Lost cities, S. 231f.; S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis, S. 488-495; W. Brown, On the gesta municipalia, S. 349f.; J. Barbier, Archives oubliées, S. 127-129 und 176f.:
„Ich bitte Dich, oh tüchtiger defensor, und Euch, oh Ihr rühmlichen Kurialen und Bürger, dass Ihr mir die öffentlichen Bücher öffnen lasst, weil der vir illuster Soundso aufgrund dieser Vollmacht4 Regelungen zur Stellvertretung finden sich ausschließlich im römischen Recht. In diesem war die Stellvertretung seit der Spätantike weitgehend an die Erteilung eines gerichtlich registrierten, oft schriftlich gegebenen Mandats gebunden und konnte sowohl in nur sehr begrenztem Umfang als auch sehr umfassend erteilt werden. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f.; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f. von mir erwartet, dass ich jene Schenkung5 Mit donatio wurde im römischen Recht die Schenkung bezeichnet. Seit Konstantin dem Großen (†337) war die donatio ein Geschäftstyp eigener Art, der wie der Kauf den Übergang des Eigentums unmittelbar bewirkte. Wie dieser musste sie vor Zeugen stattfinden, schriftlich niedergelegt und öffentlich registriert werden. Vgl. dazu E. Levy, West Roman vulgar law, S. 138f.; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 394-399., die er aus seiner eigenen Habe an den Soundso und Soundso6 Die Form loca nuncupantia illa ist Plural; aufgrund der Anonymisierung geht nicht hervor, um wie viele Orte es sich handelt. genannten Orten, die im Gau Soundso liegen, zugunsten des Soundso durch Urkunden von sich bestätigt hat, zusammen mit der curia publica und dem defensor zur Ausführung bringen und den gesta municipalia7 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. anfügen muss. Seht eben diese Schenkung, befehlt, dass man sie verlese!“
Der vir honestus, defensor8 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Soundso sprach:
„Die Vollmacht, die für Dich ausgestellt wurde, von der Du sagst, dass Du sie bei Dir hast, musst Du uns vorlegen und man soll sie persönlich verlesen!“
Nach dem Verlesen der Vollmacht9 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zu Folge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassend Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f.; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f., sprach der vir honestus, defensor Soundso:
„Die Vollmacht wurde eben verlesen, doch das geschriebene Testament10 Die zugrundeliegende Formel Marculf II,38 nennt als Auswahlmöglichkeiten Schenkung, Testament oder Abtretung (donatione, testamentum aut cessione). Sowohl im vorausgehenden Mandat als auch in dieser Formel ist jedoch nur von einer donatio die Rede, ab diesem Punkt jedoch von einem testamentum. Im 9. Jahrhundert wandelte sich in Folge des Verschwindens der römischen Testamentspraxis die Bedeutung von testamentum von Testament hin zur Bedzeichnungen für Schenkungen oder auch allgemein für Urkunden. Vgl. U. Nonn, Merowingische Testamente, S. 121-128. Ein Testament im Sinne des römischen Rechts stellte einen unilateralen Rechtsakt dar, der allein dem Willen des Testators entsprang und jederzeit modifiziert oder widerrufen werden konnte. Durch ihn konnten die Erbenreihenfolge geändert und neue Erben ernannt werden. Wirksam wurde er mit dem Tod des Testators. Die römische Testamentspraxis bestand im Frankenreich bis ins 8. Jahrhundert fort, wurde jedoch zunehmend von anderen Möglichkeiten, den Nachlass zu regeln, abgelöst. Vgl. dazu U. Nonn, Merowingische Testamente; J. Barbier, Testaments, S. 7-10 und 14-18, das Du, wie Du sagst, zu Händen hast, der Schreiber Soundso soll dasselbe nehmen und man soll es in unserer Anwesenheit verlesen und, wie Du es forderst, in den gesta municipalia11 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. bewahren.“
Dieser nahm es sogleich und verlas es der Reihe nach. Nach der Verlesung aber sprach der Sachwalter Soundso:
„Und weil Eurer Löblichkeit geruhte, meine Bitten ordnungsgemäß zu erfüllen, bitte ich, dass er die öffentlichen Zeugnisse12 Beide Flavigny Handschriften wie auch die Handschriften der Tourssammlung überliefern momenta, was in Wa1 bereits direkt im Anschluss von der gleichen Hand durch ein überschriebenes nu richtigerweise zu monumenta (Zeugnisse) verbessert wurde. Auf die richtige Lesart für momenta hat bereits K. Zeumer, Formulae, S. 762 hingewiesen, der die Warschauer Korrektur allerdings weder bei dieser Formel noch bei Tours 3 für seinen Text übernommen hat. zur Hand nehme.“
Der vir laudabilis, defensor13 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458. Soundso und die Kurialen sprachen:
„Das Schreiben, das verlesen wurde, soll man in die öffentlichen gesta14 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. eintragen und man wird, was der Bevollmächtigte Soundso wollte und erbat, ihm eine gesta öffentlich aushändigen15 Gemeint ist wohl eine öffentlich bestätigte Abschrift des in die gesta inserierten Dokuments. Im Falle etwa von Testamenten scheint eine derartige Aushändigung einer Abschrift an den Testamentsvollstrecker üblich gewesen zu sein. Vgl. J. Barbier, Testaments, S. 26..“
Der schongenannte Bevollmächtigte Soundso sprach:
„Mir genügt, oh Guter defensor, dass es das Testament gibt, das verlesen wurde, solange Ihr es mir nur genehmigt, es den gesta16 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. anzuvertrauen“.
Wie es Brauch ist, sprachen der vir venerabilis, defensor17 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Soundso und die Kurienbank:
„Wir haben festgestellt, dass das Testament18 Ein Testament im Sinne des römischen Rechts stellte einen unilateralen Rechtsakt dar, der allein dem Willen des Testators entsprang und jederzeit modifiziert oder widerrufen werden konnte. Durch ihn konnten die Erbenreihenfolge geändert und neue Erben ernannt werden. Wirksam wurde er mit dem Tod des Testators. Die römische Testamentspraxis bestand im Frankenreich bis ins 8. Jahrhundert fort, wurde jedoch zunehmend von anderen Möglichkeiten, den Nachlass zu regeln, abgelöst. Vgl. dazu U. Nonn, Merowingische Testamente; J. Barbier, Testaments, S. 7-10 und 14-18. Mit dem Verschwinden der Testamente aus der Lebenspraxis ging eine Bedeutungsverschiebung des Begriffes testamentum einher, der sich im 9. Jahrhundert vor allem als Bezeichnung für Schenkungen oder allgemein für Urkunden findet. Vgl. dazu U. Nonn, Merowingische Testamente, S. 121-128. sowie die Vollmacht19 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zu Folge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassend Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f.; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f., die für Dich ausgestellt wurde, [jeweils] ordnungsgemäß ausgefertigt und von den Händen Männer guten Leumunds20 Als boni homines wurden Männer bezeichnet, denen ob ihrer Lebensführung hohe Vertrauens- und Glaubwürdigkeit zukam und die zumeist wohl der lokalen Elite angehörten. Sie agierten unter anderem auch als Zeugen, Urteiler, Schlichter und Vermittler. Vgl. zu ihnen K. Nehlsen-von Stryk, Die boni homines; T. Szabó, Zur Geschichte der boni homines. bekräftigt ist und sie sichtbar besiegelt wurden. Es ist angemessen, dass man Dir eine gesta, die darüber aufgeschrieben und die unterzeichnet wurde, dem Brauch gemäß aushändige und dass man sie in den öffentlichen Archiven verwahre, damit das, was zuvor eingetragen wurde, fortwährend unerschüttert Bestand habe!“