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Schreiben wegen eines geflohenen Mönches

Schreiben an einen Herrn wegen eines aus dem Kloster geflohenen, nun bei diesem Herrn lebenden Mönches.

SCHREIBEN WEGEN EINES MÖNCHES, DER AUS DEM KLOSTER GEFLOHEN SEIN SOLL

An den Herrn Soundso, Soundso.

Wir, die wir uns Eurer gewiss sind, bringen es Eurer Heiligkeit zur Sprache, weil sie von Frömmigkeit beseelt die Wahrheit nicht verschmäht und der rechte Glaube es niemals duldet, dass man ihn irgendwie verwirft. Weiterhin sollt ihr erfahren, dass unser Bruder Soundso, der im Kloster mit uns erzogen wurde und die Tonsur empfing, der vor Gott und seinen Heiligen Gehorsam und Beständigkeit versprach und selbst in unser Amt des Klerikerstandes geweiht wurde, dasselbe vergessen hat, von uns fortging und zum Teufel zurückgekehrt ist, so wie ein Hund zu seinem Erbrochenen zurückkehrt und die Sau sich in der Suhle des Drecks wälzt, und jetzt weltliche Ehren schätzt, Schätzen und irdischen Gütern nachjagt, nun bei Euch lebt. Ihr sollt daher von allem erfahren, was göttliche Einsichten mit Worten, Beredsamkeit und Verständnis an Heiligem lehren, dass nämlich Keiner, der seine Hand an den Pflug legt und zurückblickt, geeignet ist für das Königreich Gottes, und es soll Euch nicht verborgen bleiben, was die heiligen Kanones in dieser Sache empfehlen und was die Regel sowie die heiligen Exegeten dargelegt haben. Während Ihr dies hier zur Gänze nochmals lest, folgt auswendig dem, was Ihr mit lechzendem Geist aufgesogen habt, denn die heilige Versammlung von Nicäa legt fest, dass man, falls jemand im Kloster zu höchster Ergebenheit erzogen wurde und danach fortgehen sollte, wenn er nicht umkehrt, ihn des Vergehens eines Fahnenflüchtigen schuldig sprechen soll; und außerdem: Falls jemand einen fremden Mönch aufnimmt, müssen beide exkommuniziert werden. Die Kanones von Chalkedon geben es freilich derart vor, dass ein Mönch bei Gebet und Fasten an dem Ort verbleibe, an dem er der Welt entsagt hat; sie legen fest, dass einer, der flieht, exkommuniziert werde. Die Kanones von Agde entscheiden wiederum so: „Keiner soll es wagen, einen Mönch aufzunehmen, falls er nicht mit Erlaubnis seines Abtes zu einem anderen Kloster kommt.“ Die Kanones von Autun setzen freilich fest, dass keiner es wage, einen Mönch von anderswoher ohne Erlaubnis seines Abtes aufzunehmen. Die Regel des heiligen Benedikt, die derselbe in allen Belangen einzuhalten versprach, mag es freilich so ausdrücken: „ Er muss wissen, dass er dem Gesetz der Regel unterstellt ist, und dass es ihm von diesem Tage an nicht erlaubt sei, das Kloster zu verlassen oder seinen Nacken aus dem Joch der Regel herauszulösen“; und bald darauf: „Er soll wissen, dass er von diesem Tage an nicht einmal die Verfügungsgewalt über seinen eigenen Leib haben wird.“ Was soll ich noch wiederholen? Gebraucht Euren gelehrten Verstand, dann es ist für mich nicht nötig, Euch weitere Worte zu schreiben! Alle Dinge, die nämlich von mir noch gesagt werden könnten, hat die göttliche Gnade Euch bereits dargeboten. Es ist nämlich nötig, dass man ein das Leben eines Gläubigen mit einer Lehre im Zaum hält. Sich überaus ernsthaft zu den Dingen zu bekennen, die man beachten muss, wird kein Schaden sein. Sorgt also gemäß der Weisheit, die Euch von Gott gegeben ist, dafür, dass jener an den Ort zurückkehrt, von dem er entschwunden ist! Und ihr müsst Buße tun, weil Ihr ferner wisst, dass jemand, der einen Sünder dazu bewegt, sich vom Fehler seines Lebenswandels zu bekehren, seine Seele vom Tod bewahren wird und eine Vielzahl von Sünden überdeckt. Auch ziemt es sich für Euch nicht, einem Menschen, der nach den Sehnsüchten seines Herzens im Verkehrten wandelt, Unterstützung zu gewähren, so dass er mehr und mehr in den Untergang schreite, sondern beseitigt das Böse aus euch selbst, denn wer Pech berührt, wird von ihm befleckt werden! Und kann etwa ein Mensch an seiner Brust Feuer verbergen, ohne dass seine Kleider brennen, oder über glühende Kohlen gehen, ohne dass seine Sohlen verbrannt werden? So wird, wer dem Ungerecht zustimmt, nicht rein sein. Mit diesem, der exkommuniziert ist, mit dem wollt Ihr euch nicht gemeinmachen, so dass Ihr den Lohn Eurer guten Taten nicht verliert, sondern es verdient, mit den heiligen Vätern, die diesen Menschen derart exkommuniziert haben, Anteil [daran] zu haben. + Und wo auch immer er sein mag, soll man ihn gemäß der Weisung der Kanones zu seinem Abt zurückbringen. Ein Kanon von Chalkedon: „Es ist nicht gestattet, dass ein Kleriker sich zwei Kirchen zugleich verschreibe, sowohl jener, in der er geweiht wurde, als auch jener, zu welcher er aus Gier nach eitlem Ruhm gleichsam als der besseren geflohen ist. Daher sollen sie aber dafür sorgen, dass sie zu der Kirche zurückkehren müssen, in der sie anfangs geweiht wurden, und nur dort dienen. Jene aber, die so dreist waren, etwas von den Dingen, die verboten sind, zu begehen, sollen von dem ihnen zu eigenen Weihegrad zurücktreten.“ Und dass kein Kleriker, der ohne irgendeinen vorliegenden guten Grund herumstreift, nachdem er seine Kirche verlassen hat, von anderen Kirchen zur Gemeinschaft aufgenommen werde. Ein Kanon von Orléans: „Umherstreifende Diener, die an irgendwelchen Orten geweiht worden sein sollen, soll man, wo immer man sie auch auffinden mag, mit Hilfe des Bischofs gleich Flüchtlingen unter Bewachung zurückbringen; und jener Abt soll lernen, dass er künftig schuldig sein wird, der Personen keine derartige der Regel entsprechende Strafe auferlegt, oder der einen fremden Mönch aufnimmt.“