b.) GESTA1 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. SAMT ANTWORTSCHREIBEN
Im Namen Gottes. Das macht2 Das quod fecit steht hier ohne Bezug zu Beginn der Datierung. Für gewöhnlich (z.B. Angers 14 oder Tours 40(a)) bezieht sich die Wendung im Zusammenhang mit einer Datumsangabe auf einen bestimmten (Feier-)Tag (die illo, quod fecit mensus…). den Monat Soundso, den soundsovielten Tag, im 34. Jahr der Königsherrschaft Karls3 Karl der Große († 814). und daher hat bereits das fünfte Jahr begonnen, seit er durch Christi Gnade die Kaiserherrschaft ergriffen hat4 Karls Kaiserkrönung fand am 25. Dezember 800 statt. Das Schreiben wurde also wohl Anfang 805 ausgestellt. Das 34. Jahr der Königsherrschaft Karls orientiert sich entsprechend nicht an seiner Thronbesteigung nach dem Tode Pippins des Jüngeren am 24. September 768, sondern an der Übernahme der Herrschaft über das Reich seines Bruders Karlmann 771. Die vorliegende Formel ist damit ein Indiz für die Zugehörigkeit von Bourges zu Karlmanns Teilreich. Vgl. auch K. Zeumer, Formelsammlungen, S. 82. Zu den Reichsteilen Karls des Großen und seines Bruders Karlmann nach dem Tod Pippins vgl. E. Ewig, Überlegungen, S. 237-239, jedoch ohne Ausführungen zu Aquitanien; M. Rouche, Remarques sur la géographie, S. 15 wonach Bourges im Reichsteil Karlmanns lag. P. Classen, Karl der Große und die Thronfolge, S. 130 mit Anm. 92, lehnt dagegen den Bericht des Fredegarfortsetzers über die Teilung Aquitaniens ab, da Karlmann sich am Feldzug Karls nach Aquitanien 769 nicht beteiligt habe und Aquitanien damit wohl vollständig zum Reichsteil Karls zu rechnen sei., geschahen diese gesta5 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. vor dem defensor6 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458., vir laudabilis Soundso, und vor dem Diakon und Vorträger7 Abgeleitet aus profiteri („öffentlich vortragen“) bedeutet professor (TLL „qui profitetur“) zunächst „jemand, der vorträgt“. In der (spät-)antiken civitas bezeichnete professor eloquentiae den städtischen Rhetor bzw. Rhetoriklehrer. Auch im vorliegenden Fall scheint der (gekonnte) öffentliche Vortrag der Urkunden die zentrale Funktion des erwähnten professors zu sein. Ein professor erscheint wiederholt im Formelkontext im Zusammenhang mit einer Eintragung in die gesta (Bourges B 3, Marculf II,38 und Sens A 39). Der professor verliest (recitare) Dokumente oder wird neben dem defensor und der curia genannt (apud laudabilae viro illo defensore et illo diacono adque professorae vel curia publica). K. Zeumer, Formulae, S. 98 setzte ihn mit dem amanuensis aus Angers 1 gleich. Niermeyer, S. 859 schlägt „Schreiber an der curia“ vor, A. Rio, The formularies, S. 219 übersetzt entsprechend „scribe“, A. Uddholm, Marculfi Formularium, S. 291 verwendet „assistant“. Soundso sowie vor der curia publica8 Die curia bildete in der römischen Antike das kollektive städtische Entscheidungsorgan. Im Laufe der Spätantike wurden ihre Kompetenzen immer weiter eingeschränkt und erstreckten sich schließlich im Wesentlichen auf Steuererhebung und die Protokollierung von Rechtsgeschäften. In fränkischer Zeit wurde die curia durch die Notablenversammlung ersetzt, der im Kern dieselben Personenkreise angehörten. Vgl. dazu K. H. Debus, Studien, S. 100f.; S. T. Loseby, Lost cities, S. 231f.; S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis, S. 488-495; W. Brown, On the gesta municipalia, S. 349f.; J. Barbier, Archives oubliées, S. 127-129 und 176f. der Honoratioren9 An dieser Stelle verweist der Terminus honorati wohl nicht auf den spätantiken Stand der honorati (hier kennzeichnete das Epitheton aus dem Dienst ausgeschiedene Amtsträger im Senatorenstand), sondern auf Angehörige der lokalen Elite, zu denen auch die Kurialen gehören konnten. Vgl. dazu J. H. W. G. Liebeschuetz, Decline and fall, S. 104-137; G. A. Cecconi, Honorati, S. 44-50. derselben Stadt bestehend aus drei10 Vgl. Breviarium Alarici XII,1,8, wonach bei der Eintragung in die gesta municipalia mindestens drei Kurialen anwesend sein mussten. Kurialen.
Der vir magnificus Soundso sagte:
„Ich ersuche Euch, oh allertüchtigster defensor11 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458., und Euch, oh Kurialenschaft12 Die curia bildete in der römischen Antike das kollektive städtische Entscheidungsorgan. Im Laufe der Spätantike wurden ihre Kompetenzen immer weiter eingeschränkt und erstreckten sich schließlich im Wesentlichen auf Steuererhebung und die Protokollierung von Rechtsgeschäften. In fränkischer Zeit wurde die curia durch die Notablenversammlung ersetzt, der im Kern dieselben Personenkreise angehörten. Vgl. dazu K. H. Debus, Studien, S. 100f.; S. T. Loseby, Lost cities, S. 231f.; S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis, S. 488-495; W. Brown, On the gesta municipalia, S. 349f.; J. Barbier, Archives oubliées, S. 127-129 und 176f., darum, dass Ihr befehlt, mir die öffentlichen Bücher zu öffnen, weil ich etwas habe, das ich durch die Eintragung in die gesta bekräftigen möchte.“
Der defensor13 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458. und die Kurialenschaft sagten:
„Die öffentlichen Bücher stehen Dir offen! Führe aus, was Du wünschst!“
Der vir magnificus Soundso sagte:
„Mein geliebter Freund Soundso hat mich durch seine Vollmacht14 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zufolge Mandate gerichtlich zu registrieren (Breviarium Alarici II,12,1 Interpretatio). Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten dabei sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassenden Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f., die er feierlich bekräftigt hat, beauftragt, dass ich nach Bourges15 Bourges (Frankreich, département Cher, chef-lieu). in die Stadt vor Eure Rühmlichkeit kommen soll und ein Abtretungsschreiben16 Bereits in der Spätantike hatte sich cessio, ursprünglich nur für Forderungsabtretungen gebraucht, zum wichtigsten Begriff für Eigentumsübertragungen entwickelt. Vgl. E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 149f.; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 274 und 452 Anm. 4; T. Mayer-Maly, Kauf, Tausch und pacta, S. 606., das er für seine geliebte Braut Soundso über Besitzungen aus seinem Eigentum bekräftigt hat, zur Ausführung bringen und [den gesta] hinzufügen soll17 Hochzeitsgaben waren nach römischem Recht in die gesta einzutragen. Vgl. Breviarium Alarici III,5,2 Interpretatio, Haenel S. 78 (zur dos) und IV,18,2 Interpretatio, Haenel S. 126 (zur in den Formeln oft synonym gebrauchten cessio)..“
Der defensor18 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458. und die Kurialenschaft19 Die curia bildete in der römischen Antike das kollektive städtische Entscheidungsorgan. Im Laufe der Spätantike wurden ihre Kompetenzen immer weiter eingeschränkt und erstreckten sich schließlich im Wesentlichen auf Steuererhebung und die Protokollierung von Rechtsgeschäften. In fränkischer Zeit wurde die curia durch die Notablenversammlung ersetzt, der im Kern dieselben Personenkreise angehörten. Vgl. dazu K. H. Debus, Studien, S. 100f.; S. T. Loseby, Lost cities, S. 231f.; S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis, S. 488-495; W. Brown, On the gesta municipalia, S. 349f.; J. Barbier, Archives oubliées, S. 127-129 und 176f. sprachen:
„Lege uns das Schreiben und die Vollmacht20 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zu Folge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten dabei sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassenden Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f., von denen Du sagst, dass Du sie bei Dir hast, zum Vorlesen vor!“
Dann verlas einer der Notare, der Soundso, das Abtretungsschreiben21 Bereits in der Spätantike hatte sich cessio, ursprünglich nur für Forderungsabtretungen gebraucht, zum wichtigsten Begriff für Eigentumsübertragungen entwickelt. Vgl. E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 149f.; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 274 und 452 Anm. 4; T. Mayer-Maly, Kauf, Tausch und pacta, S. 606. und die Vollmacht22 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zufolge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten dabei sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassenden Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f. öffentlich. Nachdem sie es zur Kenntnis genommen hatten, sagten der Defensor und die Kurialenschaft:
„Wir zögern nicht, das Schreiben und die Vollmacht23 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zufolge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten dabei sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassenden Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f., so wie es geschrieben steht, mit unseren Unterschriften, so wie es Gesetz und Brauch ist, für Dich [den gesta] hinzuzufügen und zu bekräftigen. Was willst Du sonst noch?“
Der vir magnificus Soundso sagte:
„Ich bitte Eure Herrlichkeit um nichts anderes, als dass man mir gemäß dem Brauch das Schreiben und die Vollmacht24 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zufolge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten dabei sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassenden Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f. zusammen mit der gesta25 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées., nachdem dies [alles] durch Eure Unterschriften bekräftigt wurde, aushändige, damit es für lange Zeit unerschüttert Bestand habe.“