Formulae - Litterae - Chartae: Leseumgebung

Sens B 17 (deu)

Empfehlungsschreiben für einen Priester

Empfehlungsschreiben eines Bischofs an einen anderen Bischof für einen Priester aus seinem Sprengel, der diesen für eine andere Kirche verlassen möchte.

[Ohne Titel]

In Gottes Namen. Dem allerheiligsten und allerverehrungswürdigsten Bruder, Bischof Soundso [wünscht] Soundso, Bischof der Stadt Soundso einen beständigen Gruß im Herrn.

Eure Brüderlichkeit und Liebe soll wissen, dass dieser hier anwesende Priester namens Soundso in unserem Sprengel und unserer Kirche in den heiligen Schriften unterwiesen wurde und von frühester Kindheit^{1 Nach Isidor, Etymologiae XI,2 ist die infantia das erste von sechs Lebensaltern des Menschen und reicht von der Geburt bis zum siebten Lebensjahr. Auf die infantia folgen die pueritia (8-14), die adolescentia (15-28), die iuventus (29-49), die aetas seniori (50-70) und schließlich die senectus.} an bei uns und unseren Vorgängern gewesen ist; er hat einen guten Leumund und ist in rechter Weise enthaltsam und führt ein unschuldiges Leben. Daher gefiel es jenem unlängst, dass er sich einer anderen Kirche zugewandt hat; er möchte sich einen Herrn suchen, der ihn mit irdischen Gütern unterstützen mag, und dem der Soundso gemäß dem Amt, das man ihm auferlegt, Gehorsam schulden soll. Daher machen wir das Eurer Brüderlichkeit bekannt, damit jeder, dem es gefällt ihn aufzunehmen, dies ohne Beanstandung tun kann, in dem Wissen, dass der Soundso sowohl von gutem Leumund ist als auch, dass er von uns die Erlaubnis dazu erhalten hat, von der Kirche fortzugehen, deren Lenkung uns zugeteilt wurde^{2 Es handelt sich damit um einen Wechsel des Priesters von einer Diözese in eine andere. Bereits die Konzilien des 4. und 5. Jahrhunderts hatten Priester an ihre Dienstorte gebunden. Solche Wechsel bedurften also der Zustimmung des jeweiligen vorgesetzten Bischofs. Die älteren Bestimmungen wurden unter Karl dem Großen wieder bestärkt. Vgl. dazu S. Esders/H. J. Mierau, Der althochdeutsche Klerikereid, S. 22-27; S. Patzold, Presbyter, S. 71-75. Zu den Anlässen für solche Wechsel, etwa wie hier der Suche nach einem Einkommen, vgl. ebd. S. 78-82.}.

Und damit diesem Schreiben hier noch festere Geltung innewohne und man ihm noch mehr Glauben schenke, haben wir es unten mit eigener Hand bekräftigt^{3 Anders als die vorangehenden litterae formatae verzichtet dieses Empfehlungsschreiben auf weitere Authentifizierungstechniken. Derartige Schreiben scheinen ebenfalls üblich gewesen zu sein. Vgl. R. Pokorny, Hispana Gallica, S. 26 Anm. 83; L. Morelle, Sur les papiers, S. 40-49.}.