Formulae - Litterae - Chartae: Leseumgebung

Sens A 29 (deu)

Teilung des väterlichen Erbes

Vertrag über die erfolgte Teilung des väterlichen Erbes zwischen zwei Brüdern, mit durch die festuca erfolgtem Verzicht auf den Anteil des jeweils anderen.

GLEICHMÄSSIGE TEILUNG UND VERTRAG^{1 Im römischen Recht diente pactum zur Bezeichnung formloser Vereinbarungen unterschiedlichsten Inhalts. Vgl. E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 37-42; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 363 und 437f.}

Mit Hilfe unseres Herrn Jesu Christi, wurde zwischen dem Soundso und seinem Bruder Soundso für das Eigengut^{2 Mit allodium wurde in der Merowingerzeit zunächst der eng mit dem erbbaren oder ererbten verbundenen und nicht auf andere Weise erworbenen Grundbesitz bezeichnet. Im Laufe der Karolingerzeit schwächte sich diese Trennung ab. Seit dem 10. Jahrhundert konnte allodium damit jede Form keinerlei Einschränkungen unterliegenden und frei verkäuflichen Grundbesitzes bezeichnen, der als Erbe weitergegeben werden konnte und für welchen lediglich an den fiscus Abgaben zu leisten waren. Vgl. dazu T. Rivers, Meaning, S. 26f.; H. Dubled, Allodium, S. 242-246; E. Magnou-Nortier, Recherches sur l’alleu, S. 143-172.}, das [ihrem] Vater Soundso gehörte, für gut befunden und vereinbart, dass sie es zu gleichen Teilen teilen und gerecht aufteilen sollten; dies taten sie so auch^{3 Es handelt sich also um die Aufteilung einer Erbschaft. Nach frühmittelalterlichem Erbrecht fielen die Güter eines oder einer Verstorbenen den Kindern oder, falls keine Nachkommen existierten, den nächsten Verwandten zu (vgl. etwa Lex Salica 93, S. 162f.). Wie die Aufteilung konkret erfolgte, wurde bei Erbfall dann durch derartige Teilungsvereinbarungen geregelt. Vgl. dazu L. Sizaret, Essai sur l’histoire, insb. S. 1-10, 87-112 und 123-135; A. Schmidt-Recla, Kalte oder warme Hand, S. 17-52; H.-R. Hagemann, Erbrecht, Sp. 1371-1377; J.-Ph. Lévy/A. Castaldo, Histoire du droit civil, S. 1388-1389 und 1398.}. Der Soundso empfing als seinen Anteil eine Hofstelle im Gau Soundso, an dem Ort, den man Soundso nennt, mit allem was darauf errichtet ist, wie auch mit Weinbergen, gutem Ackerland, Feldern, vollständig und zur Gänze, als forderungsfreien Besitz. Im Gegenzug empfing der Soundso dafür als seinen Teil eine Hofstelle im Gau Soundso, an dem Ort den man Soundso nennt, es ist die Hofstelle Soundso, wo ein Landpächter ansässig ist, das heißt sowohl die Hofstellen als auch die Weinberge, das gute Ackerland, vollständig und zur Gänze, als forderungsfreien Besitz. Ebenso teilten sie unter sich zu gleichen Teilen das Gold, das Silber, die Tuche, das eherne Gerät, das Vieh [und] das Gesinde beiderlei Geschlechts, die bewegliche und unbewegliche Habe; und sie übergaben es sich gegenseitig, eine Seite an die andere; und durch ihre festuca^{4 Ob es sich bei der festuca um einen Halm oder einen Stab handelte ist unklar. Zumindest bei der in anderen Zusammenhängen belegten festuca notata scheint es sich jedoch um einen Stab gehandelt zu haben, an dem Zeichen (etwa Kerben) angebracht wurden. Vgl. dazu K. v. Amira, Der Stab, S. 145f. und 150. Das Werfen oder die Übergabe der festuca vor Zeugen symbolisierte einen Akt des Verzichtes oder Lossagens, das Greifen der festuca dagegen des Akzeptierens und in-Verantwortung-Nehmens. Vgl. P. S. Barnwell, Action, Speech and Writing, S. 21f.; W. Müller, Fertigung, S. 29-31.} verzichteten sie dann, eine Seite zugunsten der anderen, so dass vom heutigen Tag an jeder [von ihnen] das, was er empfangen hat, haben, halten und besitzen soll, und [jeder] in allen Belangen die uneingeschränkte und allerfesteste Macht haben soll, zu tun, was auch immer derjenige künftig damit tun will. Falls es aber irgendjemanden geben sollte, ich glaube nicht, dass das geschehen wird, sei es ich selbst oder irgendeiner unserer Erben oder sonst irgendein Gegner, der versuchen sollte, gegen dieses Schreiben anstelle eines Vertrags^{5 Im römischen Recht diente pactum zur Bezeichnung formloser Vereinbarungen unterschiedlichsten Inhalts. Vgl. E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 37-42; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 363 und 437f.}, vorzugehen, muss die eine Seite der anderen, der man den Streit aufbürdet, weil man dies hier vollständig einhalte, und dem beteiligten fiscus^{6 Bei Bußzahlungen an geschädigte Parteien ging in der Regel die Hälfte oder ein Drittel der Summe an den fiscus, der wiederum ein Drittel dem für die Rechtsprechung zuständigen Amtsträger überließ (so auch, wenn der fiscus selbst Empfänger der gesamten Bußzahlung war). Die Beteiligung des fiscus sollte wohl auch als Anreiz für dessen Vertreter dienen, im Falle eines Rechtsstreites zu intervenieren. Vgl. dazu J. Durliat, Finances publiques, S. 219; S. Esders, Eliten und Strafrecht, S. 268.} zur Strafe soundsoviele Unzen Gold zahlen, und das vorliegende Schreiben anstelle eines Vertrags soll für alle Zeit fest bestehen bleiben.