TAUSCH1 Commutatio diente im frühen Mittelalter neben concambium und permutatio als eine der Bezeichnungen für die vielfältigen Formen von Tauschvorgängen, deren gemeinsames Element die Gegenseitigkeit des Vorganges war. Grundsätzlich galt, dass durch den Tausch keine der beteiligten Parteien schlechter gestellt werden durfte. Vgl. dazu I. Rosé, Commutatio; T. Mayer-Maly, Pactum, S. 222-224; Ph. Depreux, The development of charters, S. 48-53. VON LÄNDEREIEN
Bei denjenigen, unter denen gegenseitige Liebe herrscht, wird die eine Seite ihrer Gegenseite keine geeigneten und angemessenen Wohltaten verweigern.
Daher wurde mit Hilfe unseres Herrn zwischen dem Soundso und dem Soundso wegen Ländereien, die man tauschen wollte, für gut befunden und vereinbart2 Die Junktur placuit atque convenit findet sich bereits in der frühesten Fassung des Pactus legis salicae und könnte auf Vorbilder im römischen Recht (vgl. Ulpian, Digesten II,14,1,1-3) zurückgehen. Vgl. dazu O. Guillot, Clovis, le droit romain, S. 61-84 und S. Kerneis, Le pacte, S. 130f., dass sie diese zum gemeinsamen Vorteil miteinander tauschen sollten; dies taten sie auch. Der Soundso gab von seiner Seite an die Seite eben des Soundso ein Landstück aus seinem Eigentum im Gau Soundso, an einem Ort, der Soundso heißt, das in der Länge soundsoviele dextri3 Frühmittelalterliches Längenmaß mit Verbreitung im südfranzösischen und katalanischen Raum, Vorläufer des spanischen destre. Im 11. Jahrhundert entsprach ein dexter 2,796m, doch scheint er in früherer Zeit etwas länger gewesen zu sein. Vgl. zum dexter Ph. Banks, Mensuration, insb. S. 48-53; M. Hélin, Dexter. misst und in der Breite soundsoviele dextri; es grenzt auf einer Breitseite an das Land der Soundso, auf einer Längsseite an das Land des Soundso und auf der anderen Längsseite an das Land des Soundso; es liegt zur Gänze innerhalb dieser Grenzen und hat eben diese Abmessungen. Im Gegenzug gab der Soundso dafür von seiner Seite an die Seite des Soundso ein Landstück aus seinem Eigentum im Gau Soundso, an einem Ort, der Soundso heißt, das in der Länge soundsoviele dextri misst und in der Breite soundsoviele dextri; es grenzt auf einer Breitseite an das Land der Soundso, auf der anderen Breitseite an das Land des Soundso und auf der anderen Längsseite an das Land des Soundso; es liegt zur Gänze innerhalb dieser Grenzen und hat eben diese Abmessungen. Daher soll vom heutigen Tage an jeder von den Beiden das was er von seiner jeweiligen Gegenseite bekommen hat, haben, halten und besitzen und [jeder von den Beiden] soll in jeder Hinsicht die uneingeschränkte und allerbeständigste Macht dazu haben, zu tun, was auch vom gegenwärtigen Tage an damit tun will. Falls aber irgendjemand – und ich glaube nicht, dass das geschehen wird –, sei es ich selbst oder irgendeiner meiner Erben oder ein Gegner, es wagen sollte, gegen diesen Tauschvorzugehen, [also] die eine Seite gegen ihre Gegenseite, muss diese Seite, da dies hier zur Gänze zu befolgen ist, ihrer Gegenseite zusammen mit dem beteiligten fiscus zur Strafe soundsoviele Unzen Gold bezahlen; und die vorliegenden Tauschurkunden, die beide mit gleichem Wortlaut niedergeschrieben wurden4 Die Ausfertigung jeweils eines Exemplars derselben Urkunde für jede der am Vorgang beteiligten Parteien findet sich bereits in römischer Zeit. Sie wurde vor allem dann vorgenommen, wenn in der entsprechenden Urkunde Rechtstitel an mehrere Parteien verliehen wurden. Derartige Mehrfachausfertigungen sind in fränkischer Zeit vor allem für Tauschgeschäfte und Prekarien überliefert. Vgl. dazu H. Bresslau, Handbuch I, S. 668 mit Anm. 1; K. Groß, Visualisierte Gegenseitigkeit, S. 160-167., sollen für alle Zeiten festen und unverletzlichen Bestand haben.