Formulae - Litterae - Chartae: Leseumgebung

Marculf Ergänzung 1,2 (deu)

Einleitung eines Schreibens

Einleitung eines Schreibens um Fragen des sprachlichen Stils

2^{1 Die Stücke der Gruppe 1 scheinen sich bereits sehr früh an das Marculfmaterial angelagert zu haben, denn sie flankieren den Stoff in beiden vollständigen Fassungen der Sammlung sowie der nahezu vollständigen Fassung der Leidener Handschrift, fanden jedoch keinen weiteren Eingang in die mittelalterliche Rezeption der Sammlung. Weder Zeumer noch Uddholm nahmen die Stücke in ihre jeweiligen Editionen auf, Zeumer gab jedoch eine erste Edition der beiden ersten Stücke auf Basis von P12 in seinem Aufsatz „Über die älteren fränkischen Formelsammlungen“ (K. Zeumer, Formelsammlungen, S. 21-22; Sigle Zeua). A. Rio, The formularies, S. 240-244 edierte die Stücke erstmals komplett auf der Grundlage von P16 unter dem Titel „Three more Texts from the Manuscripts of Marculf“ (Sigle Rio). K. Zeumer, Formelsammlungen, S. 23 wies auf die Möglichkeit hin, dass sich bei den Stücken der Gruppe 1 ursprünglich um Randnotizen in tironischen Noten gehandelt haben könnte, die mitkopiert und aufgelöst wurden. Auf den frühen Zeitpunkt der Anlagerung hat bereits A. Rio, Legal Practice, S. S. 93 hingewiesen.}IN GLEICHER WEISE EIN ANDERER AUSSPRUCH FÜR JÜNGLINGE, DIE DIE SCHRIFTEN^{2 Der Begriff scripturae wird hier (vermutlich bewusst) sehr offen gebraucht und lässt viel Raum für Interpretation. Biblische und theologische Schriften können ebenso gemeint sein, wie Schriftgut allgemein oder auch Stilebenen („Arten zu schreiben“) oder sogar scripturae = litterae im Sinne unterschiedlicher Schriften bzw. Schriftregister, da es sich offenbar um einen Anfänger handelt, der noch auf Wachstafeln arbeitet. Dass es sich um Schreibübungen in tironischen Noten handelt, wie D. Ganz, Bureaucratic shorthand, S. 61 spekuliert, lässt sich dem Text nicht entnehmen.} NICHT KENNEN

Ich staune geradezu, dass weder die Zeiten gut von statten gehen noch ich den Ausdruck auf dem Blatt in überhaupt keinster Weise erfasse. Seine Ausdrucksweisen erzeugen gleichsam für die Worte der Diktierenden^{3 Auf den Gebrauch von dictare als „diktieren“ an dieser Stelle hat bereits K. Zeumer, Formelsammlungen, S. 23.} Wachstafeln^{4 Mit Wachs beschichtete Holztafeln, die mittels Griffel beschrieben und wieder gelöscht werden konnten, dienten bis weit ins Mittelalter hinein der Schreibausbildung und waren auch im Alltag der bevorzugte Schriftträger jeglicher Alltagskommunikation, deren Archivierung nicht intendiert war, vgl. W. Wattenbach, Schriftwesen, S. 63-89, hier insbesondere S. 65, H. Foerster/Th. Frenz, Abriss, S. 26f. und B. Bischoff, Paläographie, S. 28-30. Vergleichbare Tafeln mit Schreibübungen aus dem 7. Jahrhundert haben in Irland die Zeit überdauert (CLA 1684).} mit Eurer befleckten Entlehnung, sie ergehen sich in Absätzen von Fehlerhaftigkeit, denn wenn es ans Wiederlesen geht, [zeigt sich], dass er mehr wegelassen als geschrieben hat. Solözismus^{5 Ein Solözismus ist ein grober sprachlicher Fehler in der Syntax, insbesondere die grammatisch unrichtige Verbindung von Wörtern.} um Solözismus gibt er wieder. Als ich hoffte, dass er die Abschnitte des Schreibens^{6 Um welche Art von epistula es sich handelt, ist nicht klar. Möglicherweise wurde eine Urkunde oder ein Brief zu Übungszwecken kopiert, vielleicht handelt es sich aber auch um eine biblische Epistel, die als Schreibübung diente.} beendet hätte, hatte er noch nicht mit dem Anfang begonnen.