Formulae - Litterae - Chartae: Leseumgebung

Marculf I,10 (deu)

Antwortschreiben eines Königs an einen anderen König

Antwortschreiben eines Königs an einen anderen König mit Versicherung der guten Behandlung der das Schreiben des letzteren überbringenden Gesandtschaft sowie Verweis auf weitere Antworten durch ebendiese.

X ANTWORTSCHREIBEN^{1 Der Begriff rescriptio kann neben der allgemeinen Antwort in schriftlicher Form im engeren Sinne auch einen herrscherlichen (insb. kaiserlichen) „Beschluss“ bezeichnen. In der vorangestellten capitulatio wird das Dokument auch als rescriptum bezeichnet. Die jüngeren (karolingischen) Überarbeitungen des Materials haben den scheinbaren „Fehler“ im Incipit zu rescriptum (P3, Le3) korrigiert oder das Wort ausgelassen (M4).} AN DEN KÖNIG

An den ruhmreichsten und vortrefflichsten Herrn König Soundso, der von uns mit dem höchsten Band der Liebe in der Liebe Christi umschlungen werden muss, König Soundso.

Ihr sollt erfahren, dass wir das Schreiben Eurer Hoheit durch die viri magnifici und illustri Soundso^{2 Bei den Gesandten merowingischer Herrscher handelte es sich fast ausnahmslos um Angehörige der Führungsschichten. Entgegen dem in dieser Formel durch die Nennung der viri magnifici et illustri, also wohl weltlicher Großer, erweckten Anschein sind auch zahlreiche Geistliche, vor allem Bischöfe als Gesandte belegt. Vgl. dazu F.-L. Ganshof, Merowingisches Gesandtschaftswesen, S. 171-173.} mit höchster Begierde empfangen haben. Als wir über sie – die Eurer Hoheit die pflichtschuldigen Grüße, so wie es sich ziemt, vorausschicken – Dinge erfuhren, die bei Euch gedeihen, waren wir sehr erfreut und haben dieselben [Gesandten] in der Euch gebührenden Liebe, wie es sich für solche Männer geziemt, mit wohlwollendster Ergebenheit aufgenommen. Sie haben den Auftrag der Gesandtschaft, der ihnen von Euch auferlegt war, unseren Ohren kundgetan.^{3 Schriftliche und mündliche Kommunikation greifen hier ineinander. Der Absender „spricht“ gewissermaßen durch seine Gesandtschaft mit dem Empfänger. Briefe wurden verlesen und die Gesandtschaft übermittelte zusätzlich weitere Informationen mündlich. Der Bote dient dabei als eine Art Erweiterung des Absenders und wird so selbst zum informationstragenden Medium; V. Scior, Vergegenwärtigung, S. 35-50. Vgl. dazu und zum Ablauf von Gesandtschaften F.-L. Ganshof, Merowingisches Gesandtschaftswesen, S. 174-182.} Aber freilich wurde von uns alles in die Antwort aufgenommen, was sie, sowie sie in Gottes Namen glücklich zurückgekehrt sein werden, den Ohren Eurer Hoheit erzählen sollen^{4 Der Absender betont hier seinerseits nochmals, dass wesentliche Punkte seiner Antwort nicht in schriftlicher Form, sondern mündlich durch die Gesandtschaft übermittelt werden.}.