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Flavigny Pa 7c (deu)

Schreiben an einen Bischof wegen entlaufener Unfreier

Schreiben einer Mönchsgemeinschaft an einen Bischof mit der Bitte um Unterstützung in einem Fall aus dem Kloster in den Herrschaftsbereich des Bischofs entlaufener Unfreier.

DESGLEICHEN EIN WEITERES^{1 Bei Flavigny Pa 7 handelt es sich um eine Sammlung in der Sammlung, die zwölf unterschiedliche Briefe oder Briefteile umfasst.}

An den allerheiligsten Herrn und Vater, der auch die heiligen Zeremonien beaufsichtigt und vom Quell des Lebenshauchs emporragt und an Christi statt auch eine vielköpfige Herde führt, Bischof Soundso, der niedrigste Knecht aller Knechte Gottes^{2 Vorläufer der Devotionsformel servus servorum Dei lassen sich bis in Augustinus von Hippo († 340) zurückverfolgen. Nachhaltigen Eingang in den Gebrauch durch Bischöfe und Äbte fand sie mit Papst Gregor I. († 604). Im 9. Jahrhundert wurde sie zunächst fester Bestandteil der päpstlichen Subscriptio bevor sie im 12. Jahrhundert ausschließlich mit dem Papsttum assoziiert wurde. Vgl. zur Entwicklung K. Schmitz, Ursprung und Geschichte der Devotionsformeln, S. 120-139; W. Levison, Zur Vorgeschichte der Bezeichnung Servus servorum Dei; L. Levillain, Servus servorum Dei; R. Chai-Elsholz, The formula.}, Soundso^{3 Frühmittelalterliche Briefkommunikation diente neben dem Austausch von Nachrichten oft auch der Versicherung des gegenseitigen Wohlwollens und der Stärkung sozialer Bande. In ihrer Gestaltung folgten die Briefe häufig bestimmten Konventionen, wie dem Lob des Empfängers und der Betonung der eigenen humilitas (Bescheidenheitstopos). Ihr Stil war oft vom Bemühen geprägt, die eigene Bildung durch die Demonstration der sprachlichen Fähigkeiten zur Schau zu stellen. Darüber hinaus konnte der eigene Status auch durch den Verweis auf persönliche Verbindungen und Einflussmöglichkeiten unterstrichen werden. Diskretere inhaltliche Belange wurden dagegen zumeist den die Briefe überbringenden Boten in mündlicher Form anvertraut. Vgl. dazu B.-J. Schröder, Bildung und Briefe, S. 150-156; V. Scior, Vergegenwärtigung; F.-L. Ganshof, Merowingisches Gesandtschaftswesen, S. 174-182.}.

Wir wagen es, dieses Schreiben hier an die Milde Eurer Frömmigkeit zu richten, nicht aus dem Gehorsam^{4 Mit obsequium wurde seit der Spätantike in Patronats- und Abhängigkeitsverhältnissen die Pflicht zum Gehorsam des Abhängigen gegenüber dem Patron bezeichnet. Vgl. dazu J. Barschdorf, Freigelassene, S. 251; J.-U. Krause, Spätantike Patronatsformen, S. 90; W. Kienast, Die fränkische Vasallität, S. 78.} unseres Zutrauens^{5 Das fretu steht fälschlich für ein freti und obsequium tritt für obsequio ein.}, sondern wegen der Erhabenheit der Durchlaucht Eurer Frömmigkeit. Und zwar deswegen, weil wir, während wir Euch gleichsam persönlich die Knie^{6 Das ianua steht hier für ein genua, wie bereits K. Zeumer, Formulae, S. 487 festgestellt hat.} küssen^{7 Der Kniekuss findet sich vor allem im oströmisch-byzantinischen Herrscherzeremoniell. Im Westen findet sich sein Gebrauch zunächst in der Regula Magistri gegenüber dem Abt geregelt. Spätestens im 9. Jahrhundert fand er auch Eingang in das Zeremoniell der Bischofsordination. Generell scheint er ein Zeichen der Begrüßung oder der Bitte gewesen zu sein, dem ein Charakter der Untertänigkeit und des Gehorsams innewohnte. Einen Überblick über die Entwicklung bietet R. Ingoglia, The kissing of the pope’s knee. Zum Kniekuss gegenüber dem Herrscher vgl. auch Ph. Depreux, Gestures and comportment, S. 67-72.}, eine bescheidene Bitte an Euch haben, da nämlich Unfreie unseres seligen Schutzherrn, nachdem sie den Fehltritt der Flucht aus unserem Kloster begangen hatten, in Euren Herrschaftsbereich hineingeschlüpft und gekommen sind. Daher bitten wir Euer Gnaden, dass Ihr, ganz gleich wie dieser unser Bote hier namens Soundso diese unsere bescheidene Bitte überbracht haben wird, so wie es in allen Belangen eine gute Gewohnheit von Euch uns gegenüber ist, beschließen mögt, bei uns und allen gegenüber Gerechtigkeit für uns einzufordern, damit unsere Gemeinschaft, Eure Gott ergebenen Fürbitter, für Euch noch besser Gottes Erbarmen erflehen möge.