[ohne Titel]
Der Berühmten unter den großen [Frauen], die als höchster Adel unbefleckt erstrahlt und die jene Verderbnisse der Welt nicht kennt, in deren Brust Christus in Liebe wohnt, der allerwürdigsten Braut Gottes Soundso, [entbiete] ich, die Soundso, Eure Vertraute Soundso, falls diese Anmaßung Euch nicht beleidigt, einen immerwährenden Gruß im Herrn.
Die Siegespalme1 Zur Palme als Siegessymbol in Antike und Christentum vgl. Ch. Mühlenkamp/E. Enß, Palme, insb. Sp. 837f. und 844f. sollst Du erringen, weil Du Dich mit dem Blütenkranz der Mädchen, der aus Rosen geflochten2 Die Rose galt seit der Antike als Zeichen für Vollkommenheit, Schönheit und Anmut. Im Christentum wurde die Rose auch zum Symbol für die Jungfrau Maria. Vgl. M. Beuchert, Symbolik, S. 279-287. ist, unter die Jungfrauen einreihst. Ferner, oh Herrin, denkt daran, Ihr mögt das gutheißen, was der Herr und [zugleich] Euer allerliebster Bruder Euch bekannt gemacht hat, damit Ihr ihm, wenn der Anlass dafür gekommen ist, meine Wenigkeit in Erinnerung ruft, damit er in seiner Frömmigkeit aus seinem weltlichen Vermögen eine Unterstützung für Eurer Almosen herauszöge. Und nun, so gewiss es ein Zeichen Eures Verdienstes sein wird, ist der Anlass da, zu dem Ihr seine frommen Ohren daran erinnern konntet, weil die Äbtissin Soundso des Klosters Sainte-Croix3 Die Abtei Sainte-Croix wurde in der 50er Jahren des 6. Jahrhunderts von Königin Radegunde († 587) in Poitiers gegründet. aus der Stadt Poitiers4 Poitiers (Frankreich, département Vienne, chef-lieu). zum Herrn eingegangen ist. Falls also Eure Frömmigkeit dazu geneigt war, dass Ihr Euch durch Eure Abgesandten beim Herrn König in derselben Angelegenheit für meine Wenigkeit als gefällig erwiesen habt und ich Euch daher dauerhaft zu Diensten sein müsste, leistete ich zunächst persönlich Zuwendungen in Gold und Silber zu Eurer Verwendung, eben so viel, wie es Eurem Willen entsprach, und zögerte ferner auch nicht, Geschenke für den Herrn König zum festgesetzten Termin ebendort zu übersenden, so viele, wie Ihr mir an der Zahl auferlegt habt. Was mehr? Eure Vorzüglichkeit mag gegen ihre Dienerin in den Wettstreit5 Bereits in der spätantiken Briefkultur war der Gedanke verbreitet, dass zu einer Freundschaft ein Wettstreit in Briefform gehörte, bei dem die Freunde bestrebt sein sollten, einander in Quantität und/oder Qualität der Korrespondenz zu übertreffen. Zum certamen amicitiae vgl. B.-J. Schröder, Bildung und Briefe, S. 174. treten und als Strom der Rede sollst Du für mich gleichsam Quell [und] sprudelnder Brunnen sein, damit ich es mir zum einen erwerbe, durch Eure Bitte und von Euch eine Unterstützung zu empfangen und zum anderen an Eurer Seligkeit teilzuhaben. Ich flehe Euch so sehr an, dass Ihr es nicht verschmähen mögt, mir durch Worte von Euch in jeder Hinsicht alles mitzuteilen, was auch immer Ihr deshalb getan haben werdet. Und wegen dem, was Ihr mir in jener Eurer Kapelle gesagt hattet, habe ich auf unterschiedliche Arten nachgeforscht und nichts Anderes herausgefunden außer, dass es darauf hindeutet, dass königliche Ehre nach langer Zeit altert6 Der König scheint sichtlich gealtert zu sein., und dem, was ich Euch zu dieser Stunde über eben diese Angelegenheit sagte.
Und verschmäht es nicht die Zeichen7 Gemeint ist wohl ein Ring. auf dem äußersten Finger zu tragen. Ich flehe Eure Hoheit an, dass Ihr nicht anordnen mögt, dass meine Unbedeutendheit und Eure Gnade einander fremd werden.