[Ohne Titel]1 Bei der Formel handelt es sich um eine nachträgliche Ergänzung zum Formelmaterial aus P16c. Die Formel wurde ohne Nummer von anderer Hand nach Bourges A (P16c) 5 (dem Stück Nr. XV der Handschrift) hinter einem in tironischen Noten ergänzten Exzerpt aus Hieronymus, Adversus Vigilantium 14 eingetragen (eine Transkription des Exzerpts liegt vor bei: W. Schmitz, Tironianum, S. 79).
† Im vierzehnten Jahr der Herrschaft unseres Herrn, des allerruhmreichsten Königs Soundso2 Vermutlich das 14. Herrschaftsjahr Theuderichs IV. (721-737) und damit 734/735 oder Pippins I. (751-769) und damit 764/765. Frühere wie spätere Herrscher scheiden wegen des paläographischen Befundes aus. Vgl. K. Zeumer, Formelsammlungen, S. 80; K. Zeumer, Neue Erörterungen, S. 314; J. Barbier, Archives oubliées, S. 230f., acht Tage vor den Kalenden des Soundso3 Am. 24. oder 25. des vorherigen Monats. geschah diese gesta4 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. vor dem vir laudabilis5 Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458. und auch der ganzen Kurialenschaft6 Der ordo curiae, „die Bank der curia“ meint hier die Gesamtheit der anwesenden Mitglieder der curia. Die curia bildete in der römischen Antike das kollektive städtische Entscheidungsorgan. Im Laufe der Spätantike wurden ihre Kompetenzen immer weiter eingeschränkt und erstreckten sich schließlich im Wesentlichen auf Steuererhebung und die Protokollierung von Rechtsgeschäften. In fränkischer Zeit wurde die curia durch die Notablenversammlung ersetzt, der im Kern dieselben Personenkreise angehörten. Vgl. dazu K. H. Debus, Studien, S. 100f.; S. T. Loseby, Lost cities, S. 231f.; S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis, S. 488-495; W. Brown, On the gesta municipalia, S. 349f.; J. Barbier, Archives oubliées, S. 127-129 und 176f., den anwesenden honorati7 Die honorati setzten sich in der Spätantike aus verschiedenen Gruppen zusammen, so aus Angehörigen des Ritterstandes, bestimmten Amtsträgern und Senatoren. Sie bildeten die Führungsschicht des Reiches. Auf der städtischen Ebene gehörten die honorati dem Stadtrat an, waren jedoch streng von den curiales geschieden. In nachrömischer Zeit scheinen die Bezeichnungen curiales und honorati oft gleichbedeutend verwendet worden zu sein. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 401, 404 und 408f.; A. H. M. Jones, The later Roman empire, S. 146, 259, 362 und 536; G. A. Cecconi, Honorati, S. 44-50. und Kurialen und auch den Landmannen8 Agrestis bedeutet „auf dem Lande lebend“ oder auch im übertragenen Sinne „Bauer“. Gemeint sind hier sicherlich die pagenses, die als Bewohner des Gaus jenen der civitas gegenübergestellt werden. Zu den pagenses vgl. E. Magnou-Nortier, Les pagenses, deren Versuch, der Bezeichnung pagenses für die karolingische Zeit eine engere technische Bedeutung beizumessen, jedoch nicht überzeugt. Zeumer entschied sich agrestes zu ac rector zu emendieren. Vermutlich sind hier jedoch einfach Teilnehmer gemeint, die nicht in der Stadt sondern auf dem Land leben. Von einem rector ist in der Formel nirgends die Rede., die an Stelle der Obrigkeit handeln. Der Soundso sprach:
„Ich ersuche von Dir, oh allertüchtigster defensor9 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458., wie auch von Euch, oh Kurialenschaft, dass Ihr befehlen mögt, mir die öffentlichen Bücher vorzulegen, weil ich etwas habe, das ich durch das Band der gesta bekräftigen möchte.“
Der defensor und die Kurialenschaft sagten:
„Die öffentlichen Bücher für diese Stadt stehen Dir offen! Führe aus, was Du wünschst, wie es Brauch ist!“
Der vir magnificus Soundso sagte:
„Mein Bruder Soundso hat durch seine Vollmacht10 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zu Folge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten dabei sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassenden Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrags (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f. jene Schenkung11 Mit donatio wurde im römischen Recht die Schenkung bezeichnet. Seit Konstantin dem Großen war die donatio ein Geschäftstyp eigener Art, der wie der Kauf den Übergang des Eigentums unmittelbar bewirkte. Wie dieser musste sie vor Zeugen stattfinden, schriftlich niedergelegt und öffentlich registriert werden. Vgl. dazu E. Levy, West Roman vulgar law, S. 138f.; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 394-399. an mich übergeben, die er zugunsten der Kirche des Herrn Soundso sowie an seinen Enkel auszufertigen befahl, damit ich eben diese Schenkung vor Eurer Rühmlichkeit den gesta municipalia12 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. hinzufügen soll.“
Der defensor13 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458. und die Kurialenschaft14 Die curia bildete in der römischen Antike das kollektive städtische Entscheidungsorgan. Im Laufe der Spätantike wurden ihre Kompetenzen immer weiter eingeschränkt und erstreckten sich schließlich im Wesentlichen auf Steuererhebung und die Protokollierung von Rechtsgeschäften. In fränkischer Zeit wurde die curia durch die Notablenversammlung ersetzt, der im Kern dieselben Personenkreise angehörten. Vgl. dazu K. H. Debus, Studien, S. 100f.; S. T. Loseby, Lost cities, S. 231f.; S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis, S. 488-495; W. Brown, On the gesta municipalia, S. 349f.; J. Barbier, Archives oubliées, S. 127-129 und 176f.sagten:
„Die Vollmacht15 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zu Folge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten dabei sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassenden Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f. und die Schenkung16 Mit donatio wurde im römischen Recht die Schenkung bezeichnet. Seit Konstantin dem Großen war die donatio ein Geschäftstyp eigener Art, der wie der Kauf den Übergang des Eigentums unmittelbar bewirkte. Wie dieser musste sie vor Zeugen stattfinden, schriftlich niedergelegt und öffentlich registriert werden. Vgl. dazu E. Levy, West Roman vulgar law, S. 138f.; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 394-399., von denen Du sagst, dass Du sie hast, sollen öffentlich verlesen und eben hier geprüft werden!“
Er bat darum, dass es geprüft werde; nachdem es geprüft worden war, sagten der defensor und die Kurialenschaft:
„Da Schenkung und Vollmacht ordnungsgemäß niedergeschrieben sind und geprüft wurden, zögere nicht auszusprechen, was Du darüber hinaus noch willst – ausgeschlossen ist eine unrechtmäßige Forderung Deinerseits.“
Der Soundso sagte:
„Da die Schenkung17 Mit donatio wurde im römischen Recht die Schenkung bezeichnet. Seit Konstantin dem Großen war die donatio ein Geschäftstyp eigener Art, der wie der Kauf den Übergang des Eigentums unmittelbar bewirkte. Wie dieser musste sie vor Zeugen stattfinden, schriftlich niedergelegt und öffentlich registriert werden. Vgl. dazu E. Levy, West Roman vulgar law, S. 138f.; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 394-399. und Vollmacht18 Regelungen zur Mandatierung finden sich ausschließlich im römischen Recht. Seit der Spätantike waren diesem zu Folge Mandate gerichtlich zu registrieren. Die (zumeist schriftlich erteilten) Mandate konnten dabei sowohl nur äußerst begrenzten als auch sehr umfassenden Inhalts sein. Zugleich flossen auch die bislang getrennten Formen des Auftrages (bei dem der Mandatar zu einer Ausführung verpflichtet war) und der Ermächtigung (bei welcher der Mandatar zu einer Ausführung berechtigt, aber nicht zwingend verpflichtet war) im Mandat zusammen. Vgl. dazu E. Levy, Weströmisches Vulgarrecht, S. 63f., 68f., 150-154 und 288-291; M. Kaser, Das römische Privatrecht II, S. 415f; H. Siems, Handel und Wucher, S. 412f., die förmlich niedergeschrieben sind, uns verlesen wurden, bitte ich insbesondere darum: Damit sie zur Gänze bestätigt werden können, sollen sie als gesta19 Die spätrömischen gesta municipalia dienten zunächst dazu, Wechsel von steuerpflichtigem Grundeigentum festzuhalten, entwickelten sich in der Folge jedoch zu städtischen Archiven, in welche Rechtsgeschäfte aller Art eingetragen wurden. Die öffentliche Insinuation von Rechtsdokumenten in die gesta sicherte die Rechtskraft von Rechtsgeschäften und erhöhte im Streitfall die Glaubwürdigkeit der Dokumente. In der fränkischen Welt sind die gesta bis ins 9. Jahrhundert bezeugt, wenn auch der Rechtsvorgang der Insinuation zunehmend modifiziert wurde. Vgl. dazu B. Hirschfeld, Gesta municipalia; W. Brown, On the gesta municipalia; J. Barbier, Archives oubliées. mit Unterschriften von Eurer Hand bekräftigt werden.“
Der defensor und die Kurialenschaft sagten:
„Es sei in besonderer Weise festgestellt, dass die gesta von uns unterzeichnet werde, wie es Sitte ist. Was willst Du darüber hinaus noch?“
Der vir magnificus Soundso sagte:
„Ich ersuche darum, dass man mir die gesta dem Brauch entsprechend aushändige, sobald sie niedergeschrieben und von Euch unterzeichnet wurden.“
Der defensor20 Dem defensor civitatis oblagen in der Spätantike unter anderem die Lokalgerichtsbarkeit, die Verwaltung des öffentlichen Landbesitzes sowie die Eintragung von Rechtsakten in die gesta municipalia. Vgl. S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis. Die Bezeichnung als vir laudabilis geht auf die Praxis des 4. Jahrhunderts zurück, die zehn ranghöchsten curiales mit diesem Rangtitel zu bezeichnen. Vgl. dazu A. Demandt, Die Spätantike, S. 458. und die Kurialenschaft21 Die curia bildete in der römischen Antike das kollektive städtische Entscheidungsorgan. Im Laufe der Spätantike wurden ihre Kompetenzen immer weiter eingeschränkt und erstreckten sich schließlich im Wesentlichen auf Steuererhebung und die Protokollierung von Rechtsgeschäften. In fränkischer Zeit wurde die curia durch die Notablenversammlung ersetzt, der im Kern dieselben Personenkreise angehörten. Vgl. dazu K. H. Debus, Studien, S. 100f.; S. T. Loseby, Lost cities, S. 231f.; S. Schmidt-Hofner, Defensor civitatis, S. 488-495; W. Brown, On the gesta municipalia, S. 349f.; J. Barbier, Archives oubliées, S. 127-129 und 176f. sagten:
„Die gesta soll man Dir dem Brauch entsprechend aushändigen, sobald sie niedergeschrieben und von uns unterzeichnet worden sein wird.“